Literatur Literatur: Der Schriftsteller Harry Thürk ist gestorben
Berlin/dpa. - Der Bestseller-Autor Harry Thürk war für die einender «größte Abenteurer der DDR» und für die anderen der «Konsalik desOstens». Mit Büchern wie «Der Gaukler» und «Die Stunden der totenAugen» und zahlreichen «Sex and Crime»-Büchern erreichte erMillionenauflagen, die im Westen Deutschlands weitgehend ignoriertwurden. In der Nacht zum Donnerstag ist der ebenso populäre wiehochdekorierte Krimi-, Spionage- und Abenteuerschriftsteller im Altervon 78 Jahren nach langer schwerer Krankheit in Weimar gestorben,teilte der Berliner Eulenspiegel Verlag mit.
Selten hat ein Schriftsteller wohl dermaßen kontroverse Urteilehervorgerufen wie Thürk. Für die SED hat er als «Chronistrevolutionärer Veränderungen» vor allem «Maßstäbe für diedokumentarische DDR-Literatur» gesetzt. Für die anderen schrieb er«politische Bekenntnisprosa und pornografisch gepfefferte Krimis» mit«pubertärem Schwulst und politischem Pathos», mit Sprachbildern, diean den NS-«Stürmer» oder die sowjetische «Prawda» erinnerten und«frei nach Akten der Staatssicherheitsorgane» geschrieben wordenseien. Aber wie auch immer - seine mehr als 40 Krimis, Kriegs- undAbenteuergeschichten oder Politthriller erreichten eine Weltauflagevon über fünf Millionen Exemplare. Seine Bücher waren oft im fernenAsien angesiedelt, zu seinem populären Krimihelden gehörte derPrivatdetektiv Lim Tok aus Hongkong.
Mit seinem später nicht mehr aufgelegten und ideologiegetränktenHauptwerk «Der Gaukler» über die Dissidenten in der Sowjetunion wurdeThürk letztendlich nicht sehr glücklich, allzu vordergründig hatteer, wenn auch verschlüsselt, den Regimekritiker AlexanderSolschenizyn kritisch mit viel Häme und Ausfällen aufs Korn genommen.Westliche Kritiker sprachen von einem «deprimierenden Dokument»voller Hass auf kritische Intellektuelle. Mit Erik Neutsch, DieterNoll und Hermann Kant wurde Thürk auch zu den «literaturpolitischenDDR-Einpeitschern» gezählt, «einer, der lieber rot als klar sah, dasaber recht spannend beschreiben konnte», wie es ein Kritikerformulierte.
Der am 8. März 1927 in einer oberschlesischen Kleinstadt geboreneThürk hatte 1963 das Drehbuch für den ersten Defa-Spionagefilm «ForEyes Only» mit Alfred Müller und Eva Maria Hagen geschrieben - mitriesigem Erfolg beim Publikum. 1956 war sein erster Roman «Die Herrendes Salzes» erschienen. Zu seinen bekannten und auch in mehrereSprachen übersetzten Büchern gehören «Pearl Harbor» und «Das Tal dersieben Monde». 2001 veröffentlichte Thürk in seinem Verlag «Das NeueBerlin» den autobiografischen Band «Auch überm Jangtse ist Himmel»mit mehreren Erzählungen.
Im Herbst 2005 erschien erneut der erste Teil seiner beliebtenHongkong-Krimis («Der maskierte Buddha»), die Fortsetzung «SchwarzeBlüte, sanfter Tod» kommt im Frühjahr 2006 heraus.