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Leipzig Leipzig: Ein Mendelssohn mit Kusshand

Von UTE VAN DER SANDEN 18.09.2009, 17:12
Der Dirigent Kurt Masur (FOTO: DDP)
Der Dirigent Kurt Masur (FOTO: DDP) ddp

LEIPZIG/MZ. - Einer wunderbarenAufführung des "Elias" setzte der 12-jährigeThomaner aus Wittenberg das Himmelslicht auf.

Das Finale der vierwöchigen Mendelssohn-Festtagewar mit Bedeutung schon geladen, bevor amDonnerstag Kurt Masur die Hände hob: zweimalausverkauft das Gewandhaus, internationaleKapazitäten als Solisten, die neue Mendelssohn-Gesamtausgabemit erstmals verwendetem Aufführungsmaterial.So stattlich diese Vorzeichenparade, so eigenständigund gültig war das Konzert selbst, denn alleMitwirkenden erhoben es durch ihr Können undihr emotionales Engagement in den Rang einesaußerordentlichen künstlerischen Ereignisses.

Damen und Herren des fantastischen, im zweitenTeil noch bestimmter auftretenden MDR-Choresübernahmen alle nicht personalisierten Soli,die Einstudierung trug unverkennbar die HandschriftMichael Gläsers. Davor agierten Sophie Karthäusermit tragendem Sopran, Jorma Silvasti mit plastischemTenor und Annette Markert mit herrlich warmemAltklang, aber mittlerer Kraft. Äußerst sorgsamging das Gewandhausorchester mit den Stimmenum, und auch Masur legte größten Wert aufderen Präsenz. So zeigten sie alle der Musikwelt,was der "Elias" ist: lyrisch und dramatisch,spirituell und diesseitig; Kantate, Oper undPassion, Lebenslust und Himmelfahrt.

Ein Zwischenspiel von klassischem Musikerwitzwird indes ins Schatzkästlein der Gewandhaus-Annaleneingehen: "Stehe auf, Elias", sang der Engel,jedoch Thomas Hampson stand erst auf, nachdemihn Masur mit dem Weckruf "Oh Herr" - Eliassetzt mit der großen Septime ein - ins Konzertlebenzurückgeholt hatte.

Für den Rest des Oratoriums saß Hampson rechtzerknirscht auf seinem Stuhl, was verständlich,aber an sich grundlos war. Denn der Baritongab einen kämpfenden, leidenden, staunendenund verwegenen "Elias", unendlich reich anKlangfarben und Ausdrucksnuancen - die idealeBesetzung und eigentliche Hauptrolle.

Den Gesamteindruck schmälerte die Anekdotenicht. Im Gegenteil, sie betonte die Zerbrechlichkeitder Auftrittssituation und die Tatsache, dassMusik von Menschen gemacht wird: Menschenwie Mendelssohn, dessen Werk lebt und geliebtwird. Menschen wie Masur, der über fast dreiJahrzehnte Gewandhauskapellmeister war undfür den demokratischen Aufbruch steht, derein Mendelssohn-Kenner par excellence undTreuhänder dessen Schaffens ist - kurz, eineIntegrationsfigur ohnegleichen in Leipzig,aber eben doch: ein Mensch. Das Publikum jubelte,der Maestro schied mit Handkuss.