Lea Rosh Lea Rosh: Die «Denkmalstante» scheut keine Provokation

Berlin/dpa. - Wer in Deutschland 17 Jahre lang für ein Holocaust-Mahnmal kämpft, macht sich nicht nur Freunde. Das hat die streitbare Publizistin Lea Rosh, die am Sonntag (1. Oktober) 70 Jahrealt wird, nie beirrt. Dafür nahm sie auch ironische Titel wie«Gedenkdomina» hin, man kreidete ihr ihre «Besessenheit» an, und sie selbst sagt in der erfrischenden Direktheit der geborenen Berlinerin: «Ich bin die Denkmalstante.»
Und so war die Fertigstellung des vom Bundestag nach jahrelangemHin und Her beschlossenen Denkmals für die ermordeten Juden Europasin Berlin, das zum 60. Jahrestag des Kriegsendes im Mai 2005 derÖffentlichkeit übergeben wurde, doch so etwas wie die Krönung einesLebenswerkes für Lea Rosh. Auch wenn nicht der von ihr ursprünglichfavorisierte Entwurf vom US-Architekten Peter Eisenman realisiertwurde, der 2700 Betonstelen entwarf. Vor allem der unterirdischeDokumentationsraum ist für Rosh wichtig.
Natürlich gab es in den zurückliegenden Jahren immer wieder malauch «düstere Stunden», wie sie bekannte. Denn schon in den Jahrenzuvor hatte sie sich unermüdlich in Dokumentationen, Filmen undTalkshows gegen das schnelle Vergessen gekämpft («Der Tod ist einMeister aus Deutschland») und dabei vielleicht auch ihren Anteil anso manchem öffentlichen Aufhellen von Erinnerungslücken bei älterenHerren. Dabei scheute sie selbst vor Provokationen nicht zurück, dieihr auch manche Niederlagen einbrachten.
So musste sie 2001 ein Plakat unweit des Brandenburger Toreswieder abnehmen, mit dem sie eigentlich für das Holocaust-Mahnmalwerben wollte und das die großformatige Aufschrift trug «DenHolocaust hat es nie gegeben» und nur in kleiner Schrift dieUrheberschaft hinzufügte («Es gibt immer noch viele, die dasbehaupten»). Und sie schießt auch mal übers Ziel hinaus wie bei derFußball-WM in Deutschland, wenn sie meinte, die Skulpturen vonHitlers Lieblingsbildhauern («NS-Muskelpakete») vor dem BerlinerOlympiastadion könne man den Besuchern aus aller Welt nicht zumuten.
Ein zentrales Anliegen ihres gesellschaftspolitischen Engagementsist auch ihr Einsatz für die Rechte von Minderheiten. Getreu demJesus-Wort «Was ihr dem geringsten unter meinen Brüdern angetan habt,habt ihr mir angetan». Dabei glaubt Rosh nicht an Gott. Sie istAtheistin und mit 18 ist die am 1. Oktober 1936 in Berlin geboreneEdith Renate Ursula Rosh schon aus der Kirche ausgetreten.
Nach dem Studium der Publizistik und Geschichte begann Rosh ihreLaufbahn 1961 als Reporterin beim Berliner Sender Rias und sammelteerste Fernseherfahrungen beim SFB, wo sie später auch die Sendung«Freitagnacht» moderierte. Ab 1982 war sie Gastgeberin derTalksendung «III nach neun» bei Radio Bremen. 1991 übernahm Rosh dieLeitung des NDR-Funkhauses in Hannover. Aber einen Großteil ihresLebens widmete sie mit ihrem Förderverein dem Holocaust-Mahnmalzwischen Brandenburger Tor und Potsdamer Platz. «Wir werden dem Landetwas hinterlassen, was noch lange bleibt.»