Landesausstellung Brandenburg Landesausstellung Brandenburg: Preußen und Sachsen: Ungleiche Nachbarn

doberlug/MZ - Preußen und Sachsen - das geht nicht gut zusammen, glaubt man zu wissen. Sachsen hat nach dem Wiener Kongress im Jahr 1815 zwei Drittel seines Landes und ein Drittel seiner Bevölkerung an den robusten Nachbarn im Norden verloren. Auch Doberlug, wo man jetzt im liebevoll restaurierten Renaissance-Schloss die Erste Brandenburgische Landesausstellung zeigt: „Preußen und Sachsen - Szenen einer Nachbarschaft“.
Das Schloss hatte Ende des 17. Jahrhunderts Christian I. von Sachsen-Merseburg, Sohn des Kurfürsten Johann Georg I. von Sachsen, als Jagdschloss ausbauen lassen. 1682 hat er es auch als Herrschaftssitz gebraucht, weil in Merseburg die Pest grassierte.
Und auch die 1661 erfolgte Gründung der Stadt Dobrilugk, einer barocken Planstadt, die später in der Doppelstadt Doberlug-Kirchhain aufgegangen ist und seit 200 Jahren in Preußen, heute Brandenburg liegt, geht auf den Sachsen Christian I. zurück.
Erinnerung an Fernsehfilm
Was ist also Sachsens Glanz gegen Preußens Gloria, wenn die Sachsen einen so hohen Preis an ihren Nachbarn zahlen mussten? Mit dieser Frage ist zugleich an den gleichnamigen, in den 80er Jahren aufwendig gedrehten Sechsteiler des DDR-Fernsehens erinnert, der Gegensätze und Nähe beider Länder sehr hübsch und schauträchtig herausgearbeitet hat.
Nun hält sich freilich auch hartnäckig die Legende, die Sachsen hätten sich später, zu DDR-Zeiten, furchtbar an den Preußen gerächt: Schließlich war Walter Ulbricht, der oberste Staats- und Parteihäuptling, ein Sachse, viele andere Angehörige der Funktionseliten kamen gleichfalls aus dem Sächsischen. Und über nichts haben die Ostberliner so gern gelästert wie eben den Dialekt ihrer Mitbürger aus „Leibzsch“ oder „Dräsdn“.
Was die Preußen an Sachsen bewunderten, lesen Sie auf der nächsten Seite.
Gleichwie, bewundert haben die Preußen den Kunstsinn der Sachsen doch immer, obendrein scheinen die Nachbarn nun ihren Frieden miteinander gefunden zu haben. Dafür spricht nicht zuletzt die Ausstellung auf Schloss Doberlug, die von beiden Ministerpräsidenten, dem Brandenburger Dietmar Woidke (SPD) und dem Sachsen Stanislaw Tillich (CDU), wohlwollend begleitet wird - was auch die Geleitworte zu dem sehr schönen, ausführlichen Katalog belegen.
Sieben übersichtliche Szenen
Die Schau selber ist informativ und anschaulich, wenn auch sehr konservativ. Freilich fehlt dem Schloss wohl auch der Raum für schauträchtige Inszenierungen, wie sie heute von vielen Ausstellungsgestaltern angeboten werden. Statt dessen geht es in übersichtlichen sieben Szenen durch die Geschichte beider Länder, die vielfach miteinander verflochten waren - auch im Ehrgeiz ihrer Herrscher, es von Kurfürsten zu Königen zu bringen.
Friedrich August I. von Sachsen, auch August der Starke genannt, hatte in diesem Wettbewerb 1697 die Nase knapp vorn, als er zum König August II. von Polen wurde. Kurfürst Friedrich III. zog vier Jahre später nach und krönte sich selbst in Königsberg zu Friedrich I., König in Preußen.
Mit zahlreichen Exponaten und erklärenden Texten werden die Besucher der Landesausstellung, die eigentlich ja eine Zwei-Länder-Schau ist, durch die politische, kulturelle und militärische Geschichte der auch mal kriegerisch rivalisierenden, dennoch oft demonstrativ um gegenseitige Freundschaft bemühten Nachbarn geführt.
Die Nähe war freilich mit dem Ende der Befreiungskriege nach der napoleonischen Ära und dem Wiener Kongress (1814-15) eher zur Ferne geworden, schließlich gingen die Sachsen gemeinsam mit dem Franzosen als Verlierer, die Preußen hingegen als gestärkte europäische Macht vom Platz.
Zu den schönsten Exponaten der Schau gehören aber die wiederkehrenden Freundschaftsbilder, auf denen sich die jeweiligen Herrscher miteinander inszenierten. In der Zeit vom 16. bis zum 18. Jahrhundert entstanden solche Allianzgemälde, danach war die Neigung zu derlei Demonstrationen, zumal seitens der Sachsen, verständlicherweise wohl gering.
Köstlich ist das Gemälde der Kurfürsten Johann Georg II. von Sachsen und Friedrich Wilhelm von Brandenburg, die sich um 1665 von Johann Fink (oder Fincke) festhalten ließen, in der Rüstkammer der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden wird es aufbewahrt und schmückt nun auf Zeit das Schloss Doberlug. Rührend kindlich halten sich die Herren bei den Händchen, die Perücken sind tadellos gebürstet, die Bärtchen sind flott. Aber die Gesichter sprechen eine deutlich andere Sprache. Selbstbewusstsein ist da zu sehen. Doch keineswegs die allergrößte Herzlichkeit.

