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Kunstkraftwerk in Leipzig Kunstkraftwerk in Leipzig Lindenau: Ausstellungen #Selfie Leipzig und Illusion. Moving Space

Von Nikta Vahid 25.01.2017, 11:00
Kunstkraftwerk: ehemalige Kohlelagerhalle in Leipzig-Lindenau
Kunstkraftwerk: ehemalige Kohlelagerhalle in Leipzig-Lindenau dpa

Leipzig - Das Kunstkraftwerk im Leipziger Westen will Kunst für jedermann machen - und hat mit „#Selfie Leipzig“ und „Illusion. Moving Space“ am vergangenen Samstag zwei Ausstellungen eröffnet, die ihre Besucher zum Mitmachen einladen - ja sogar von der Interaktion leben.

Markus Löffler und Uli Maldinger, ein Wissenschaftler und ein Architekt, haben das ehemalige Industriegebäude im Stadtteil Lindenau vor einigen Jahren gekauft. „Ganz bewusst, nicht um ein Loft- oder Bürogebäude daraus zu machen, sondern um Kunst zu machen - und zwar so, dass man sie versteht“, sagt die Sprecherin des Kunstkraftwerks, Susanne Tenzler-Heusler.

„Illusion. Moving Space“ ist die zweite Jahresausstellung, die in dem ehemaligen Kohlebunker aufgebaut wurde. Das Rahmenthema „Illusion“ zielt weniger auf Sinnestäuschungen, als darauf, audiovisuelle Wahrnehmungsgewohnheiten zu erkunden. Das Credo: Die Besucher müssen nicht, aber sollten interagieren und mitwirken - denn sie machen die Kunst zu dem, was sie ist. Etwas Erlebtes.

Ausstellung im Kunstkraftwerk in Leipzig: Abenteuerspielplatz für Erwachsene

Das macht die Ausstellung zu einer Art Abenteuerspielplatz für Erwachsene. „Sie stellt die Unbeständigkeit unseres Gedächtnisses und der menschlichen Wahrnehmung in den Mittelpunkt und will uns mit Hilfe neuer Erfahrungen und Perspektiven die Möglichkeit geben, uns selbst und die Welt um uns herum in einem neuen Licht und mit neugewonnener Sensibilität wahrzunehmen“, erklärt Kuratorin Lavinia Freitas.

Vor diesem Hintergrund hat sie 14 Werke von Künstlern aus Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Kanada, Neuseeland, Polen und Südkorea ausgewählt, die jeweils bestimmte Aspekte der Wahrnehmung der Welt berühren und unsere Vorstellung von Materialität und Räumlichkeit testen.

„The Stranger within us“ des Leipziger Wisp Kollektivs etwa schickt die Menschen in eine digitale Umgebung - und stellt sie gleichzeitig auf eine Probe. Die interaktive Installation zielt darauf, dass der Besucher den Raum, in dem er sich befindet, erkundet. Er hat dabei nicht nur die visuelle Gestaltung des Spiegelkabinetts in der Hand, sondern auch die Komposition der Musik: Auch die Klänge reagieren auf die Bewegungen der Menschen im Innern der Installation.

„The Stranger within us“ beruht auf dem Werk „Der Fremde in uns“ des Schweizer Psychoanalytikers Arno Gruen, das sich mit dem Mangel an Empathie der zunehmend verrohenden Leistungsgesellschaft beschäftigt. Die Installation des Kollektivs greift das Thema auf – und die Besucher können zum Beispiel erfahren, was passiert, wenn sie zusammenarbeiten, also die selben Bewegungen ausführen – oder eben nicht.

Kunstkraftwerk in Lipzig Lindenau: Ausstellungen „#Selfie Leipzig“ und „Illusion. Moving Space“ eröffnet

Ein anderer Raum führt den Betrachter an die Schnittstelle von Wohnraum und Naturgewalten. Für die Installation „Drawing in Space - Horizon“ hat die Koreanerin Jeongmoon Choi ein Netz aus dünnen weißen Fäden gespannt, das im von Schwarzlicht durchfluteten Raum ein sensibles Raster bildet, in dem sich der Besucher Schritt für Schritt orientieren muss.

Neben der Jahresausstellung gastiert bis 5. März ein weiteres Projekt im Kunstkraftwerk. Die Installation „#Selfie_Leipzig“ beschäftigt sich, das verrät der Name, mit dem Phänomen des Handy-Selfies, das aus dem Alltag kaum mehr wegzudenken ist. Ideengeberin und Macherin Darya von Berner arbeitet seit zwei Jahren an dem Projekt, das zuvor in Madrid zu sehen war.

Wo liegt die Faszination an der narzisstischen Darstellung unserer selbst? Wo liegen die Beweggründe und die Bedeutung von Selfies? Die spanische Künstlerin Darya von Berner möchte das erkunden und hat eine überdimensionale Selfie-Maschine kreiert.

In der dunklen und kargen einstigen Kohlelagerhalle befindet sich nichts als ein Lichtkegel, der alle paar Sekunden aufleuchtet und nach einiger Zeit wieder verschwindet. Wer es wagt, mit dem Kegel zu spielen oder sich gar ins Spotlight zu stellen, wird sich plötzlich vergrößert an die Wand projiziert sehen.

Es gehe ihr vor allem darum, zu beobachten, wie sich die Menschen im Spotlight verhalten, sagt Darya von Berner. Sie wolle von den Besuchern lernen.

Und tatsächlich ist es spannend und lustig mit anzusehen, wie sich die Leute dem Lichtkegel nähern: Der eine zögert, tastet sich im wahrsten Sinne des Wortes zentimeterweise voran, während ein anderer direkt ins Scheinwerferlicht grinst und mit der Projektion seiner selbst an der Wand spielt oder gar flirtet.

Fluoreszierende Streifen entlang der Hallenwände rahmen das Projekt. Von Berner, eigentlich Malerin, schafft dem Selfie so einen leuchtenden Rahmen. Der Titel „#Selfie_Leipzig“ soll außerdem zum Programm werden: Von Berner hofft, dass sich das Hashtag im Netz verbreitet, so dass sich die Bilder dieser Ausstellung auch virtuell wiederfinden lassen. (mz)

Bis 12. November: „Illusion. Moving Space“. Kunstkraftwerk Leipzig, Saalfelder Str. 8b, Dienstag bis Sonntag, 10-18 Uhr, Führungen nach Vereinbarung

Weiße Fäden und Schwarzlicht: Installation der südkoreanischen Künstlerin Jeongmoon Choi
Weiße Fäden und Schwarzlicht: Installation der südkoreanischen Künstlerin Jeongmoon Choi
Jeongmoon Choi