Kunsthandwerk Kunsthandwerk: Keramikkünstlerin Bollhagen gestorben
Marwitz/dpa. - Die Keramik-Künstlerin Hedwig Bollhagen ist amFreitag in Marwitz (Kreis Oberhavel) im Alter von 93 Jahrengestorben. Bollhagen erlag einem Herzstillstand, teilteihre Firma, die HB-Werkstätten für Keramik GmbH, mit. Sie sei ruhigeingeschlafen, sagte eine Sprecherin.
Die ostdeutsche Künstlerin genoss einen legendären Ruf. IhrGebrauchsgeschirr mit dem charakteristischen blau-weißenStreifenmuster machte Keramik-Geschichte. Ihre Arbeiten, für die sieungezählte Muster entwarf, werden seit beinahe 70 Jahren gesammelt.Eine Woche vor ihrem Tod hatte ihr der Heimatkreis Oberhavel einbleibendes Denkmal gesetzt. Im Ziegeleipark Mildenberg wurde jenerüberdimensionale Kopf aufgestellt, der auf der Weltausstellung Expo2000 in Hannover in einer Reihe mit weiteren bekannten Deutschen zusehen war.
Schon an der Ehrung hatte die ansonsten rastlose Künstlerin undUnternehmerin nicht mehr teilnehmen können. Nach Knochenbrüchen undeiner Augenoperation war sie seit Januar ans Bett gefesselt. Bisdahin hatte der tägliche Rundgang durch ihre «Bude» zu ihrem selbstauferlegten Pensum gehört. Aber auch vom Krankenlager aus nahm sienoch Anteil an der Arbeit ihrer HB-Werkstätten in Marwitz bei Velten.
Mitarbeiter zeigten ihr neue Dekore und holten den Rat derdienstältesten Keramikerin Deutschlands ein. Die gebürtigeHannoveranerin hatte die HB-Werkstätten 1934 in einer stillgelegtenOfenfabrik gegründet. Seither ist das schlichte Geschirr mit densparsamen geometrischen Mustern ihr Markenzeichen. Ungezählte Malewurde sie über die Jahre für ihre Werke ausgezeichnet, zum ersten Mal1937 auf der Pariser Weltausstellung mit einer Goldmedaille.
Zu DDR-Zeiten waren die begehrten Stücke aus ihrer 1972zwangsverstaatlichten Werkstatt zumeist nur als «Bückware» zu haben.Ihr Geschirr wurde als Devisenbringer exportiert. Nach der Wendekaufte die couragierte Künstlerin und Unternehmerin ihren Betriebzurück. Der Umbruch in der ostdeutschen Wirtschaft ging aber auch anihr nicht vorüber: Von bis dahin 100 Beschäftigten konnte sie nur 40behalten. Inzwischen hat das Unternehmen längst wieder einen festenKundenstamm im Westen wie im Osten, und der Umsatz pegelte sich beijährlich zwei Millionen Mark ein.
Bei ihren Mitarbeitern war die zierliche alte Dame beliebt. AuchLandrat Karl-Heinz Schröter (SPD) schilderte sie als «großartige undwarmherzige Frau». «Mit Hedwig Bollhagen verlieren wir eine derbedeutendsten Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts, die seit über 70Jahren in unserer Region gearbeitet und gelebt hat.» Sie habe ihreArbeit stets in den Dienst der einfachen Leute gestellt und auf dieseWeise Menschen und Kunst im Alltag zusammengeführt. Im Geiste vonWerkbund und Bauhaus hatte sie eine «gute Form für Jedermann»angestrebt.