Kulturhauptstadt Kulturhauptstadt: Linz stellt sich der Vergangenheit
Linz/dpa. - Denn die österreichische Stadt ist eng mit der Lebensgeschichte Adolf Hitlers verknüpft. Statt diesen Teil der Historie zu verstecken, wählt man die Provokation. Mit der Ausstellung «Kulturhauptstadt des Führers» will sich Linz bereits Monate vor seiner Regentschaft als europäische Kulturhauptstadt 2009 den Tatsachen stellen.
«Wie geht man mit einer Geschichte um, die nicht opulent herzeigbar ist - es gibt nur den Weg der vorbehaltlosen Offenheit», sagt der Intendant der Kulturhauptstadt-Initiative Linz 2009, Martin Heller. Die Ausstellung ist von diesem Mittwoch (17. September) bis zum 22. März im Schlossmuseum zu sehen.
Die Stadt an der Donau sollte vor mehreren Jahrzehnten bereits einmal ein Mittelpunkt der Kunst werden - allerdings aus ganz anderer Perspektive. Hitler, der in Linz zur Schule ging, hatte zahlreiche kulturpolitische Visionen für den Ort. Kulturstätten sollten gegründet werden, gigantische Bauwerke entstehen. Außer dem Bau der Nibelungenbrücke blieben diese Ideen jedoch unverwirklicht.
«Keiner dieser Pläne ist Realität geworden, wir weinen dem auch keine Träne nach», sagte der oberösterreichische Landeshauptmann (Ministerpräsident) Josef Pühringer. Es sei aber ein Teil der Linzer Geschichte, den man nicht aus dem Geschichtsbuch herausreißen könne - auch wenn seiner Meinung nach eine Barock- oder Renaissance- Ausstellung sicherlich mehr Besucher angelockt hätte.
Die Schau ist in zwei Teile geteilt. Im ersten Abschnitt wird der kulturpolitische und zeitgeschichtliche Hintergrund erklärt, im zweiten sind Zeugnisse des realen künstlerischen Lebens während der NS-Diktatur zu sehen. «Die Kunst ist eine erhabene und zum Fanatismus verpflichtende Mission», wird Hitler an der Wand des ersten Raumes zitiert. Daneben hängen Reproduktionen seiner ersten Bilder als Kunstmaler in Wien - ein akribisch gezeichnetes, windschiefes Haus oder eine Mühle am Bach, sowie der Protokoll-Eintrag nach seiner Aufnahmeprüfung an der Wiener Akademie der Bildenden Künste: «Probezeichnungen ungenügend».
Nach Hitlers Machtübernahme und dem sogenannten Anschluss Österreichs an Deutschland «ermalen» sich Künstler wie Franz Xaver Weidinger mit wehenden Hakenkreuzfahnen und glücklichen, in Reih und Glied stehenden Menschen seine Gunst. «Linz erwartet den Führer», heißt ein Bild. Doch die Ausstellung zeigt gleich daneben auch die Schrecken der NS-Dikatur: Totenköpfe und völlig abgemagerte Körper in Konzentrationslagern, gezeichnet von Simon Wiesenthal.
Zu sehen ist auch, was bei dem von Hitler erhofften «Endsieg» hätte sein können: Darstellungen der architektonischen Linz-Utopien mit Monumental- und Repräsentationsbauten. In Alben sammelte der Diktator Fotos von Werken für sein geplantes «Führermuseum», die er im «Sonderauftrag Linz» erwarb. Darunter befinden sich Bilder von Dürer, Goya, Vermeer und Rembrandt. Jüdische Besitzer wurden enteignet oder sie mussten sich mit Spottpreisen abfinden.
Die regionalen künstlerischen Zeugnisse aus der NS-Diktatur im zweiten Teil der Ausstellung konzentrieren sich mit Land- und Familienidylle auf Unpolitisches. Bei Fritz Fröhlich schmiegt sich beispielsweise ein properes Baby an die Wange der milde lächelnden Mutter, ein blondbezopftes Mädchen drückt der Frau neben ihr seinen Kopf in den langen Rock.
Wenn das Kulturhauptstadtjahr 2009 beginnt, soll die NS- Vergangenheit der Stadt zwar weiterhin thematisiert werden, aber nicht alles überlagern. «Unsere Hoffnung ist, eine Balance zwischen der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und der Zukunftsorientiertheit der Stadt zu schaffen», sagt der stellvertretende Intendant von Linz 2009, Ulrich Fuchs. Dieser Spagat sei auch der deutschen Kulturhauptstadt Weimar 1999 mit Schiller, Goethe und dem KZ Buchenwald gelungen.