Kinostart: 11. August Kinostart: 11. August: «Inside Deep Throat»

Hamburg/dpa. - Mit dem Pornofilm «Deep Throat», der auf demHöhepunkt der sexuellen Revolution in Amerika zum Kassenschlageravancierte, spaltete der Filmemacher Gerard Damiano vor über 30Jahren die Nation. Sein Aufsehen erregendes Werk platzte mitten indie Auseinandersetzungen um moralische Werte in den USA entwickelte sich zu einem Politikum. In ihrem humorvollenDokumentarfilm «Inside Deep Throat» untersuchen die beidenamerikanischen Regisseure Fenton Bailey und Randy Barbato («PartyMonster») die anhaltenden politischen und gesellschaftlichenAuswirkungen dieses kulturellen Phänomens.
Anhand von Interviews mit zahlreichen Zeitzeugen wie dem RegisseurDamiano, den Hauptdarstellern Linda Lovelace und Harry Reems, aberauch Schriftstellern wie Norman Mailer, Gore Vidal, Susan Sontagoder der «Playboy»-Legende Hugh Hefner entfachen die Filmemachererneut eine brisante Debatte um künstlerische Freiheit undkonservative Werte. Produziert wurde «Inside Deep Throat» von demOscar-Preisträger Brian Grazer («8 Mile», «Beautiful Mind») inZusammenarbeit mit dem US-Sender HBO. Um diesen Dokumentarfilm zurealisieren, waren Bailey und Barbato zwei Jahre lang damitbeschäftigt, Recherchen vorzunehmen, Zeitzeugen zu befragen undwichtiges Quellenmaterial aufzuspüren. «Es erwies sich als schwierig,alte Archivaufnahmen zu finden», so Barbato, «weil damals noch alleBeiträge auf Film gedreht und nicht immer archiviert wurden.»
Für Furore sorgte «Deep Throat» vor allem wegen einer Fellatio-Szene, die mit einem Feuerwerk und Glockengeläut unterschnitten ist.«Diese sexistische, chauvinistische Szene ist zugleich eineMetapher», erklärt Bailey, «denn die subversive Botschaft von "DeepThroat" lautet, die individuelle Freiheit zu verteidigen.» Der Kaufeiner Kinokarte wurde für eine ganze Generation zu einem politischenund gesellschaftlichen Statement.
Da der Sexfilm den konservativen Politikern ein Dorn im Auge war,eröffneten sie ein juristisches Trommelfeuer, um ihn auf demRechtswege zu verbieten. Sowohl Kinobesitzer und Verleiher als auchdas Filmteam wurden mit Strafanzeigen überzogen. Während derRegisseur Damiano und die Hauptdarstellerin Lovelace mit den Behördeneine Übereinkunft aushandeln konnten, statuierte dieStaatsanwaltschaft an dem Hauptdarsteller Reems ein Exempel undverurteilte ihn auf Grund der Mitwisserschaft bei der Verbreitung vonObszönitäten zu einer Gefängnisstrafe.
Eine kurze Haftstrafe musste auch Produzent Louis «Butchie»Peraino verbüßen, der den in nur sechs Tagen gedrehten Streifen miteinem Low-Budget von 25 000 Dollar produziert hatte. Das Geld dafürhatte sich Peraino von seinem Onkel geliehen, der als Mafia-Mitgliedzur berüchtigten Colombo-Familie gehörte. Als der Hauptdarstellernicht am Set erschien, verpflichtete er kurzerhand den zweitenKameramann Reems für diese Rolle, der dafür mit einer Gage von 100Dollar abgespeist wurde.
Obwohl «Deep Throat» rund 600 Millionen Dollar einspielte,profitierten weder der Regisseur noch das Team oder die Darstellervon diesem Geldsegen. «Die Mafia kassierte das ganze Geld ab»,berichtet Barbato. «Die Filmkopien wurden von Kurieren in die Kinosgebracht, die anschließend sofort die Filmmieten einsammelten. Daalles in bar bezahlt wurde, haben sie das viele Geld nicht gezählt,sondern gewogen.»
Mit «Inside Deep Throat» liefern die Regisseure Bailey und Barbatoein amüsantes, aufschlussreiches Zeitdokument über das Amerika derNixon-Ära, das zeigt, wie wenig sich die Zensur-Politik seitdemverändert hat. Ihr Film wirft nicht nur einen schonungslosen Blickauf die Porno-Industrie, sondern thematisiert auch diezerstörerischen Auswirkungen von «Deep Throat» sowie die damitverbundenen menschlichen Schicksale. Die inzwischen verstorbeneHauptdarstellerin Lovelace hatte sogar später erklärt, dass sie zurMitwirkung in dem Film gezwungen worden sei. «Jeder glaubt zwar, ihreGeschichte zu kennen», resümiert Bailey, «doch sie wird ewig einRätsel bleiben.»