Kino und Fernsehen Kino und Fernsehen: Regisseur Frank Beyer stirbt mit 74 Jahren

Berlin/dpa. - Unter den bekannten ostdeutschen Filmemachernzählte Beyer zu den bedeutendsten Regisseuren der DDR-Filmgesellschaft Defa. Berühmt wurde Beyer auch über die Grenzenseines Landes hinaus vor allem mit dem 1965 verbotenen Film «Spur der Steine» mit Manfred Krug als anarchistischem Brigadeführer und mit dem Film «Jakob der Lügner» (1974). Nach dem Ende der DDR verfilmte er Erich Loests Roman «Nikolaikirche» über die Massendemonstrationenin Leipzig im Herbst 1989.
In seiner Generation von DDR-Filmemachern sei er möglicherweiseder mit den «größten Erfolgen und den schlimmsten Niederlagen»,schrieb er in seiner Autobiografie «Wenn der Wind sich dreht». «Spurder Steine» gilt als der berühmteste «Verbotsfilm» der Defa.
Dass auch im wiedervereinigten Deutschland schmerzlicheErfahrungen nicht ausblieben, zeigte der Abbruch derFernsehverfilmung des Uwe-Johnson-Romans «Jahrestage» kurz vorDrehbeginn 1998. Sie scheiterte am Zerwürfnis mit derProduktionsfirma.
Beyer wurde am 26. Mai 1932 in Nobitz in Thüringen geboren. SeineAusbildung erhielt er an der Prager Filmhochschule. Schon sein Debüt«Mütter» (1957) verwies auf eines seiner großen Themen: DieAuseinandersetzung mit dem Nazi-Regime. Dem Film «FünfPatronenhülsen» (1960) über den Spanischen Bürgerkrieg folgte «Nacktunter Wölfen» (1962). Die Darstellung der authentischenÜberlebensgeschichte eines Kindes im KZ Buchenwald wurde auch imWesten bekannt. Beyer erhielt den DDR-Nationalpreis 1. Klasse. «Jakobder Lügner» (1974) nach dem Roman von Jurek Becker über einen Judenim Warschauer Getto, der mit fingierten Radiomeldungen ein bisschenHoffnung zu verbreiten versucht, wurde als einziger Defa-Film füreinen Oscar nominiert.
Dass Beyer sich weder auf ein Thema noch einen Stil festlegenlassen wollte, machte er mit der Komödie «Karbid und Sauerampfer»(1964) mit Erwin Geschonneck klar, einer Art Roadmovie aus den erstenNachkriegstagen. «Spur der Steine», konfliktgeladener DDR-Alltag nachdem Roman von Erik Neutsch, brachte ihn in den Ruf, die «Rolle derPartei und des Staates» zu verunglimpfen.
Der mit «Hausverbot» bei der Defa Abgestrafte arbeitete sich amTheater und übers Fernsehen langsam wieder ins Metier zurück. Derständige «Unruhestifter» wurde schließlich aus der SEDrausgeschmissen.
Seit Anfang der 80er Jahre gehörte Beyer zu den «privilegierten»Künstlern, die im Westen arbeiten durften. «Der König und sein Narr»war dort sein erstes Projekt. Auch die Defa lenkte plötzlich wiederein. Es entstand der Film «Der Aufenthalt» (1982) nach dem Roman vonHermann Kant. Und eine Sensation für das Ost-Publikum: Beyer drehtesogar bei der Produktion «Der Bruch» (1989) mit gesamtdeutscherStarbesetzung (Götz George, Otto Sander und Rolf Hoppe).
Der Film «Abgehauen» (1998) nach dem Buch von Manfred Krug überdie Hintergründe der Ausreisewelle ostdeutscher Künstler nach derBiermann-Ausbürgerung 1976 reflektierte ebenfalls ein Stück dereigenen Lebensgeschichte. 1991 wurde Beyer für sein Lebenswerk mitdem Bundesfilmpreis geehrt.