Junger Fotograf Junger Fotograf: Ein Talent auf dem Sprung
Halle/Magdeburg/MZ. - Sebastian Komnick hat das Potenzial, zumindest unter den Fotoreportern ein angesehener Name zu werden.
Dabei ist er mit seinen 24 Jahren ein unbeschriebenes Blatt und noch nicht einmal ein Student der Fotografie. Was sein noch schmales und jugendliches Werk so heraushebt, dass eine Kulturpreis-Jury gar nicht an ihm vorbeikommt, ist der unbedingte künstlerische Antrieb hinter seiner Leidenschaft.
Apokalyptische Abrisse
Das merkte auch, wer vor kurzem im werdenden Kulturzentrum im S-Bahnhof Halle-Neustadt bei der "Sommerschule" vor der Serie "Neustädter" innehielt. Komnick war einer offenen Einladung gefolgt, Gesichter des Stadtteils zu fotografieren, und hatte seine im Lauf dieses Jahres entstandene Arbeit eingereicht. An den rohen Plattenbauwänden der stillgelegten Schalterhalle waren diese Fotos inmitten ihres ursprünglichen Umfelds eine Offenbarung.
Und diese waren es nun auch, die die Magdeburger Jury überzeugten. Die Serie mag in ihrem Nebeneinander von apokalyptischen Plattenbau-Abrissen und inszenierten Porträts von Bewohnern noch ein wenig unentschieden sein, sie zeigt doch Komnicks Weg in eine Art Alltags-Typologie. Eben das ist auch seine erklärte Absicht: Nie fertig zu werden mit seinem Kaleidoskop von Neustädtern, die in ihrem rauen Umfeld für das kunterbunte Leben stehen.
Dafür steuert er seine Straßenbekanntschaften mit sanfter Regie vor starke Kulissen. Da gibt die Beton-Rasterwand den Gegenpol zum verliebten Pärchen: schüchtern der Junge, forsch das Mädchen. Graffiti kommentiert die Entwurzelung eines kaukasischen Bauernpaars. Jugendliche treiben sich vor Briefkästen und Automaten herum. Wände stehen für Wandel. Da finden sich die Protagonisten vor den blässlichen Fliesen von einst ebenso wie vor den süßlichen Industrie-Wandfarben von heute.
Das ist alles arrangiert und komponiert, auch von Theatralik nicht fern, wo der Hintergrund die Abrisshalden sind. Aber nie unterdrückt Komnick spontane Gesten - Nachklang einer Beziehung zwischen Porträtierten und Fotograf.
Große Herausforderung
Dem Sohn eines Ingenieurs und einer Krankenschwester, der in Halle-Neustadt aufwuchs, war der künstlerische Impuls keineswegs in die Wiege gelegt. Mit 15 kaufte er sich die erste Kamera. Amateurhafte Motivsuche wich bald selbstgestellten Themen. Als Zivildienstleistender fotografierte er alte Menschen, im Berufsschulinternat die Tristesse des Wohnheimlebens. Während seiner Lehrzeit bei der Leipziger Agentur "Punktum" ließ er sich auf blinde Menschen ein. Seine vorerst größte Herausforderung kommt noch. Vor dem geplanten Studium an der Leipziger Kunsthochschule will er nächstes Jahr im Nahen Osten seine Reportagequalitäten im Härtetest erproben. Man wird noch von ihm hören.