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Italien Italien: Mailänder Scala wird nach Renovierung wieder eröffnet

07.12.2004, 07:32
Ein Blick in den Großen Saal der Mailänder Scala, eines der berühmtesten Opernhäuser der Welt. Nach über zweijähriger Renovierung wird es jetzt wieder eröffnet. (Foto: dpa)
Ein Blick in den Großen Saal der Mailänder Scala, eines der berühmtesten Opernhäuser der Welt. Nach über zweijähriger Renovierung wird es jetzt wieder eröffnet. (Foto: dpa) ANSA

Mailand/dpa. - Die Mailänder Scala, eines der berühmtestenOpernhäuser der Welt, wird am Dienstag nach über zweijährigerRenovierung wieder eröffnet. Gespielt wird «L'Europa riconosciuta»von Antonio Salieri, der Dirigent ist Riccardo Muti. Zu dem Ereigniswerden Opernfans aus der ganzen Welt erwartet. Das über 200 Jahrealte Opernhaus erstrahlt ganz im alten Glanz, so wurden etwa diegoldenen Logenränge erhalten. Die Akustik allerdings soll deutlichverbessert worden sein. Außerdem wurde eine hochmoderne Bühnentechnik geschaffen, die es erlaubt, drei Inszenierungen parallel einzuüben.

Den Orchestermusikern an der frisch renoviertenScala sollen Tränen der Rührung in die Augen getreten sein. Voll undmakellos stiegen die Töne empor, harmonisch, ohne die geringsteVerzerrung habe sich der Klang entfaltet. Einfach wunderbar, selbstder Maestro sei bei der ersten Probe überwältigt gewesen. «Perfekte Akustik, fantastisch» - so schwärmerisch ist Riccardo Muti selten. AmDienstag (7.12.), wenn das weltberühmte Mailänder Opernhaus nach überzweijähriger Renovierung wieder öffnet, wird die Musikwelt eserfahren: Ist die neue Scala noch besser als die alte?

Mit ihrer goldenen Pracht, den hohen Logenreihen und der großenGeschichte ist die Scala der Stolz des ganzen Landes, die feierlicheWiedereröffnung eine nationale Angelegenheit ersten Ranges. Gespieltwird denn auch «L'Europa riconosciuta» von Antonio Salieri. Das isteine Oper, die bisher in Mailand nur ein einziges Mal aufgeführtwurde. Und zwar am 3. August 1778 - zur Eröffnung des Teatro dellaScala.

«Es ist ein Gefühl, als kehre ich in mein Haus zurück, das nochprächtiger geworden ist als zuvor.» Soweit die GefühlswallungenMutis. Von außen gesehen wirkt die Front der Scala bescheiden wieimmer - äußere Ausstrahlung hat dem Haus stets gefehlt. Jetzt hat derder Schweizer Architekt Mario Botta dem Haus noch einen leichtfuturistischen Baukörper von der Form einer Ellipse hinzugefügt, fürdie Verwaltung der Oper - und damit auch für Verwirrung gesorgt.

Bei der Gestaltung im Inneren dürfte es kaum Kontroversen geben.Wie bereits bei der La-Fenice-Oper in Venedig: Es erstrahlt der alteGlanz und er strahlt so blendend und hell wie seit vielen Jahrzehntennicht mehr. Die Renovierung, die erste in der Geschichte des Hauses,war überfällig. An den Wänden fraß der Schimmel, dieSicherheitsstandards raubten den Verantwortlichen den Schlaf - unddie Akustik war viel schlechter als ihr Ruf. Denn als das Teatro nachdem Zweiten Weltkrieg eiligst wieder hergerichtet wurde, hatte manschwere Bausünden in Kauf genommen.

Die hat der renommierte Akustik-Spezialist Higni Arau mit einemneuen Fundament aus diversen Materialschichten nun behoben. Zudemwurde der Klang-schluckende Teppich im Parkett durch Eichenholzersetzt - die Folge ist ein ganz neuer Ohrenschmaus. Ansonsten gibt'sNeues und Altes im Parkett: Die Sitze (insgesamt gut 2000, früherwaren es nur 1 500) sind zwar weiter mit rotem Stoff überzogen, anihrer Rückseite kann jeder Zuschauer auf einem Display dasOpernlibretto in mehreren Sprachen lesen.

Neben dem schönen Klang ist die Bühne ein Highlight. «Fast so großwie das Mailänder San-Siro-Fußballstadion», staunt der «Corrieredella Sera». 1650 Quadratmeter groß ist die Bühne, der Bühnenturm ist38 Meter hoch. Die neue Technik erlaubt es, dass in der Scala künftigdrei Inszenierungen parallel eingeübt werden können.

30 Monate dauerte die Rundum-Renovierung, wie geplant und zurallgemeinen Überraschung liegen sogar die Kosten mit 61 MillionenEuro lediglich um zehn Prozent über dem Plansoll. Das wundert sogarBürgermeister Gabriele Albertini, der von einer «Effizienz wie beiden Habsburgern» spricht und an Maria Teresa erinnert, die das Teatroseinerzeit in zwei Jahren errichten ließ - an der Stelle der KircheSt. Maria alla Scala übrigens, daher der Name der Oper.

«Es gibt Orte, die uns aus Gründen heilig sind, die wir nichtrecht erklären können», schrieb der Autor Armando Torno kürzlichverzückt. Die Musikwelt fiebert der Bewährungsprobe am Dienstagentgegen, wenn in der Scala die Lichter ausgehen, der schwere Vorhangaufgeht und die ersten Klänge aus dem Orchestergraben emporsteigen.