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Herbert Blomstedt Herbert Blomstedt: Bescheidener Diener der Musik

Von Tobias D. Höhn 10.07.2007, 08:17
Der frühere Gewandhauskapellmeister Herbert Blomstedt. (Foto: dpa)
Der frühere Gewandhauskapellmeister Herbert Blomstedt. (Foto: dpa) dpa

Leipzig/dpa. - Er ist weder Diva noch Pultstar, vielmehr einDiener der Musik: der Dirigent Herbert Blomstedt. Sieben Jahre langprägte er das Gewandhausorchester Leipzig, war Chefdirigent des NDRSinfonieorchesters (1996-1998), des San Francisco Symphony Orchestra(1985-1995), der Staatskapelle Dresden (1975-1985) und mehrererrenommierter skandinavischer Ensembles. Am kommenden Mittwoch (11.Juli) feiert er seinen 80. Geburtstag. Und wieder gibt sich derSchwede mit amerikanischem Pass bescheiden, steht am Vorabend mit demDeutschen Symphony Orchester Berlin im Kurhaus Wiesbaden auf derBühne. Gefeiert wird erst im August, zurückgezogen und im kleinenKreis auf einem Schloss in seiner Heimat.

«Ich habe nur gute Erinnerungen an ihn», sagt Prof. Karl Suske.Der pensionierte erste Konzertmeister des Gewandhausorchesters kenntBlomstedt wie nur wenige in Leipzig. «Es war ein tief greifenderWechsel von Masur zu Blomstedt, aber er war nötig», sagt Suske (73).Kurt Masur, der eine Woche nach Blomstedt ebenfalls 80 Jahre altwird, hatte das Gewandhausorchester 26 Jahre lang geleitet. Er galtals der «Zauberer am Abend», improvisierte bei der Probe, poltertemitunter und schied von Orchester und Stadt vorfristig und imUnfrieden. Ganz anders Herbert Blomstedt. «Er verstand es, auch dieleisen, intimen Töne zum Klingen zu bringen, doch fehlte ihm auch dasStarke nicht. Herbert Blomstedt war wichtig für das Orchester, weiler auf Genauigkeit achtete. Er hat eine ganz besondere Art und Weisezu spielen und zu führen», sagt Suske.

Riccardo Chailly, der 2005 als 19. Gewandhauskapellmeister dasgrößte Berufsorchester der Welt von Blomstedt übernahm, sagte kurznach seiner Amtseinführung: «Die Ära Blomstedt war eine idealeVorbereitung für mich. Ich habe von ihm einen Klangkörper in hoherPerfektion geerbt, das ist nicht selbstverständlich.» Blomstedtwusste dieses Kompliment zurückzugeben an Leipzig, der Stadt, in derFelix Mendelssohn-Bartholdy einst als Gewandhauskapellmeister wirkte,Richard Wagner geboren wurde und Johann Sebastian Bach alsThomaskantor bis heute prägende Spuren hinterließ. «Nicht nur ich warein Glücksfall für das Orchester, sondern auch das Orchester fürmich.» Leipzig müsse ein Traumort für jeden seriösen Musiker sein.

Den Abschied versüßte ihm das Gewandhausorchester mit einemEhrendirigat, das ihn am 21. September zu einem Festkonzert in dieStadt führen wird. Zum 50. Todestag von Jean Sibelius dirigiertBlomstedt zwei Werke des finnischen Komponisten und geht anschließendmit «seinem» Orchester noch einmal auf Tournee. Schweden feiertseinen wohl größten Dirigenten mit dem Abschlusskonzert des BalticSea Festivals in Stockholm Ende August, wo Blomstedt das SchwedischeRadio-Sinfonieorchester leiten wird. «Dirigieren ist für HerbertBlomstedt das Lebenselixier, das ihn jung und fit hält», so seinKünstleragent Lothar Schacke.

Seine erste musikalische Ausbildung hatte Blomstedt am KöniglichenKonservatorium Stockholm sowie an der Universität Uppsala erhalten,studierte Dirigieren an der berühmten Juilliard School of Music NewYork, zeitgenössische Musik in Darmstadt sowie Renaissance- undBarockmusik an der Schola Cantorum Basel. Außerdem arbeitete er unterIgor Markevich in Salzburg und unter Leonard Bernstein in Tanglewood.Am 3. Februar 1954 debütierte Blomstedt als Dirigent mit demPhilharmonischen Orchester Stockholm. Der Bruckner-Spezialist istgewähltes Mitglied der Königlich-Schwedischen Musikakademie undTräger des Bundesverdienstkreuzes.

(Daten der Geburtstagstournee mit dem Gewandhausorchester Leipzig:22.9. Dortmund, 23.9. Köln, 26.9. Berlin, 28.9. Baden-Baden)