«Heil Hitler - zum Kotzen»: Hochhuth-Uraufführung in Berlin
Berlin/dpa. - «Heilkräuter zum Trinken, Heilbutt zum Essen, Heil Hitler - zum Kotzen.» Diesen «Volksmund» oder «Flüsterwitz» aus der NS-Zeit stellte der Dramatiker Rolf Hochhuth dem gedruckten Text seiner Tragikomödie «Heil Hitler!» voran, die am Samstagabend in der Berliner Akademie der Künste uraufgeführt wurde.
Das Theaterplakat dazu hat Akademiepräsident Klaus Staeck nach einer Zeichnung von Kurt Halbritter gestaltet. Das Publikum im vollbesetzten Akademiesaal nahm die Aufführung der freien Theatertruppe um den Regisseur Lutz Blochberger, die die Tragikomödie mehr als Farce inszeniert, mit starkem Beifall auf.
Hochhuth neigt allerdings auch in diesem Stück wieder zu manchmal etwas dick aufgetragenen thesenhaften Moralpredigten. Die junge Bühnentruppe machte daraus aber halbwegs lebendiges Polittheater, das die Zuschauer wenigstens nicht gelangweilt hat. Der 75-jährige Dramatiker («Der Stellvertreter») war an dem Abend an seinem Büchertisch präsent, erschien aber zum Schlussbeifall nicht auf der Bühne. Das Stück ist in seinem Sammelband «Nietzsches Spazierstock» (Rowohlt) enthalten.
In der «subversiven Irrenhaus-Komödie» geht es um einen 17-Jährigen in der Hitler-Zeit, der ständig und überall «Heil Hitler!» ruft und andere attackiert, die nicht den «deutschen Gruß» entbieten. Außerdem fordert er die Österreicher auf, zu Ehren des aus Österreich stammenden Führers den Kaiserschmarren in «Führerschmarren» umzubenennen. Er simuliert den Geisteskranken, um dem Wehrdienst zu entgehen und will gleichzeitig seinen Vater rächen, der von den Nazis umgebracht wurde, weil er nie «Heil Hitler» gerufen hatte. Bei dessen Sohn haben die Nervenärzte in der NS-Zeit nun die größte Mühe, ihn wegen seiner «übergroßen Führer-Liebe» für geisteskrank zu erklären. «Es ist Hypertrophie an Führerliebe - dafür darf man keinen einsperren», meint eine Ärztin. Außerdem hat sich der 17-Jährige freiwillig zur SS gemeldet.
Einige der Schauspieler haben bereits in zahlreichen Kino- und Fernsehfilmen mitgewirkt wie der Hauptdarsteller Ludwig Blochberger (24). So war er in dem TV-Dreiteiler «Die Manns» und in den Kinostreifen «Sommersturm» (mit Robert Stadlober) und «Das Leben der Anderen» und «Der letzte Zug» zu sehen. Zu den anderen Darstellern gehören Franziska Matthus, Nadja Petri, Thomas Arnold und Ingolf Müller-Beck. Das karge Bühnenbild von Stephan Besson zeigt in allen fünf Akten einen meist kahlen, klaustrophobischen Bunkerraum. Musikalisch umrahmt wird die Aufführung von der Bolschewistischen Kurkapelle.
Das Stück - für Hochhuth eine «groteske, ironische und humoristische Aufarbeitung von Geschichte» - sollte ursprünglich am Deutschen Nationaltheater Weimar uraufgeführt werden. Wegen unüberbrückbarer künstlerischer Differenzen zwischen Autor und dem Theater kam es nicht dazu. In Berlin ist noch eine weitere Aufführung an diesem Sonntag geplant. Weitere Spieltermine im April sind in Vorbereitung. Im Herbst soll die Aufführung auf Tournee gehen.