Halle Halle: Eklat bei Poe-Musical

Halle/dpa. - Dabei schriebder 64-jährige Schotte Buch, Musik und Songtexte. «Ich war nicht da,ich hab es nicht gesehen», sagte Woolfson der dpa. «Das ist nichtmein Stück.» Buecheler sprach von einer «schwierigen Zusammenarbeitin den letzten Tagen». Mehr als 600 geladene Gäste feierten amFreitagabend das Ensemble, riefen mehrfach «Bravo!», wartetenbeim Schlussapplaus aber vergeblich auf den Auftritt des Komponisten.
Zum 200. Geburtstag des US-Schriftstellers (1809-1849) wollte sichWoolfson mit dem Musical einen Lebenstraum erfüllen. Mehr als 40Jahre hat er das schicksalhafte Leben des geistigen Vaters vonDetektivromanen und Gruselgeschichten studiert. Es bestimmte bereitsdie Texte im 1976 veröffentlichten Debütalbum «Tales of Mystery andImagination» der Rockgruppe. «Sie haben fünf Charaktere hinzugefügt,die es in meinem Buch gar nicht gibt - das hier ist eine verpassteGelegenheit», sagte Woolfson. «Manche denken, es ist Kunst. Ichnicht. Ich will Poes Leben ziemlich genau wiedergeben.»
Der Regisseur wollte die Übersetzung des englischen Stückes an dieGewohnheiten des deutschen Publikums anpassen - und verzichtete zumGroll des Komponisten auf geschichtliche Genauigkeit. Flugzeuge oderdie Masseneinwanderung in die USA hat Poe nie gesehen. Buecheler habeWoolfson Vorschläge gemacht, «aber uns Künstlern lässt er keineFreiheiten». «Es wäre schöner gewesen, wenn die Störfeuer von außenausgeblieben wären, aber das gehört zu einer Uraufführung dazu.»
Der Streit hinter der Bühne gleicht ein wenig der Hassliebe derHauptdarsteller auf der Bühne. Poes Freund und Feind, KritikerpapstRufus Griswold, verkündet gleich zum Auftakt: «Edgar Allan Poe isttot.» Als sein Nachlassverwalter und ärgster Konkurrent glaubt derrachsüchtige Griswold, «nur wenige werden ihn vermissen», undverspricht, die Erinnerung an den Meister der Schwarzen Romantikauszulöschen. Eine Zeitreise zurück zu Poes Wurzeln beginnt.
Ein unterhaltsamer Wechsel zwischen Leben und Tod, Freiheit undGefangensein im Käfig, Wirklichkeit und Alptraum zieht sich wie einroter Faden durch das Musical. Ein blutrünstig in der Presseausgeschlachteter Doppelmord, den ein Orang-Utan begangen haben soll,erfasst auch Poes Leben. Erst stirbt seine Mutter, dann seineEhefrau; beide im gleichen Alter. Die Beerdigung wird ganz im reinenWeiß begangen. Stets dabei ist der todbringende schwarze Rabe.
Auch wenn das Ensemble und das Bühnenbild die schaurig-dämonischeMystik und das Fantastische so darstellen, wie es Poe selbst inseinen Werken geschildert hat, enttäuscht die Aufführung an der Oper.Bei den Tanzeinlagen wird deutlich, wie schlecht die Akustik ist. DerGesang kommt im zu lauten Musikteppich beim Publikum größtenteilsnicht an.
«Edgar Allan Poe» klingt stark nach «The Alan Parsons Project».Die musikalische Handschrift von Woolfson ist unüberhörbar. Sparsamsetzt er Cembalo, aggressiv klingt die E-Gitarre. Der Komponist willdamit sagen: Poes Schicksalsschläge sind auch in der Moderne möglich.Das zeigen Komponist und Regisseur eindrucksvoll.
Woolfson lobte die Choreographie und das Bühnenbild, die er inProben sah. Laut Buecheler haben die Darsteller «nicht geglaubt, wasin ihnen steckt - das ist ein ganz tolles Haus». In nur kurzer Zeitwurde hier die Premiere realisiert, die eigentlich im Admiralspalastin Berlin stattfinden sollte. Dort sei sie aus finanziellen Gründenabgesagt worden, hieß es. Bis Sommer 2010 soll es in Halle 29 weitereAufführungen geben.
