Besondere Mode Halle - "Burg"-Absolventin Jennifer Brachmann entwirft Bauhaus-Kleidung

Halle (Saale) - Die Architektur“, erzählt Jennifer Brachmann, „hat mich immer interessiert.“ Doch während ihres Studiums auf dem Gebiet sei ihr klar geworden, dass es das beruflich doch nicht sein soll: „Ich merkte, dass die Mode schneller und spontaner ist - und man darin als Designer mehr Gestaltungsspielraum hat.“ Konsequenterweise schloss sie an ihr Architektur-Diplom ein Modedesign-Studium an - und zwar an der Hochschule für Kunst und Design Burg Giebichenstein in Halle. Dabei habe das Architekturstudium sie „sehr geprägt und die Grundlagen geschaffen für das, was ich heute mache“, berichtet die 39-Jährige. Anders ausgedrückt: Man sieht es ihrer Mode an.
Beinahe sechs Jahre ist es her, dass in der MZ ein seitenfüllender Artikel über das damals noch sehr junge Label erschienen ist. Zu dieser Zeit waren Jennifer Brachmann und ihr Partner Olaf Kranz mit dem ersten großen Auftritt ihrer Herren-Kollektion bei der Berliner Fashion Week beschäftigt, nur kurze Zeit, nachdem sie „Brachmann. Postclassical Menswear“ überhaupt gegründet hatten. Schon damals gehörte der Bauhaus-Stil zu den Inspirationsquellen. Das ist bis heute so.
Jennifer Brachmann ging für die Mode von Halle nach Berlin
Ansonsten hat sich einiges geändert bei „Brachmann“, nicht nur, dass der Beiname „Postclassical Menswear“ verschwunden ist. Dieses Mal findet das Interview nicht im Atelier in Halles Innenstadt, sondern in Berlins Stadtteil Charlottenburg statt: Seit einigen Jahren leben und arbeiten Jennifer Brachmann und Olaf Kranz - sie weiter vor allem fürs Design, er in erster Linie fürs Geschäftliche zuständig - in Berlin. Da, wo die Modeszene zu Hause ist.
Eine andere großere Veränderung: „Brachmann“ hat seit circa zwei Jahren (oder „seit vier Kollektionen“, wie es die Modemacherin ausdrückt) auch Damenkleidung im Programm. „Es gab immer wieder Nachfragen von Frauen“, so Jennifer Brachmann, die mit ihren Designs auch Geschlechterrollen hinterfragt. „Ich möchte das, was als männlich oder weiblich gilt, aufbrechen.“ Unisex-Mode macht sie dennoch nicht: „Es geht nicht darum, dass Frauen Männermäntel tragen. Mein Herangehen ist bei den Frauen spielerischer, und ich berücksichtige die weiblichen Formen in der Schnittführung.“ Wobei den Stil der Damen-Kollektionen durchaus auch eine gewisse Herbheit auszeichnet.
Jennifer Brachmann übersetzt das Bauhaus in die Modewelt
Vor allem aber lasse sich das Konzept, was ihrer Männermode zugrunde liegt, gut auf Frauenmode übertragen. „Unser Label übersetzt Designprinzipien aus der Architektur und dem Bauhaus in die Mode“, beschreibt es Jennifer Brachmann, die gebürtig aus Sachsen stammt.
Die Prinzipien des Bauhauses in Mode übersetzt? Das muss sie erklären. Jennifer Brachmann greift zu einem Trenchcoat. „Klassischerweise hat ein Trenchcoat immer Schulterklappen“, sagt sie, „aber bei diesem Modell lassen diese sich durch einen Schlitz nach innen führen.“ Das Grundprinzip ihrer Mode bestehe in einer modularen Gestaltung. „Verschiedene Elemente werden zu einem neuen Modul zusammengefügt, wie es auch beim Bauhaus Konzept war.“ So erhalten Kleidungsklassiker einen innovativen Dreh - auch wenn der Stil eher zurückgenommen ist. „Unsere Kleidung hat oft etwas Dreidimensionales, also nicht nur eine Vorder- und Rückseite, sondern auch herausgearbeitete Seiten“, ergänzt sie. Neue Kollektionen entstünden, indem sie bestehende Teile variiere beziehungsweise typische Komponenten in veränderter Form nutze. Und: „Am Ende wird - wie beim Bauhaus - nichts Ornamentales hinzugefügt.“
Jennifer Brachmann: Bauhaus war immer ihr Thema
Das Bauhaus sei schon immer ihr Thema gewesen, sagt Brachmann. „Das ist ja eine Design-Einstellung, die man hat.“ Das Jubiläumsjahr zum 100-jährigen Bestehen der Designschule bringe aber natürlich viel Aufmerksamkeit. So kam irgendwann eine Anfrage für die Ausstellung „Original Bauhaus“ in der Berlinischen Galerie. Die Schau beschäftigt sich auch mit der Frage, wie Bauhaus-Ideen weiterentwickelt und ins Heute geholt werden, etwa von einem Koch, einem Friseur - und eben der Modedesignerin. In einem Film, der als Exponat gezeigt wird, erläutert die „Burg“-Absolventin ihre Arbeitsweise.
In ihrem Atelier entstehen Kleidungsstücke im Stil eines „spielerischen Minimalismus“, wie sie es selbst beschreibt. Dabei schließen klare Linien raffinierte Details nicht aus. Dazu erscheint „Brachmann“-Mode meist in einer dezenten Farbigkeit, und die Designerin, die ihre Stücke regelmäßig in einem Showroom zur Paris Fashion Week präsentiert, legt Wert auf hochwertige Materialien. Ihre Entwürfe, die international besonders in Japan gefragt seien, kennzeichnet eine gewisse Zeitlosigkeit. „Es geht nicht darum, kurzen Trends zu folgen.“
Damit ist Jennifer Brachmanns Mode sehr heutig, war es von Anfang an mit ihrem Fokus auf Zeitlosigkeit, auf Individualität und auf Nachhaltigkeit im Sinne eines Moden überdauernden Designs. Eine weitere Gemeinsamkeit mit dem Bauhaus-Stil. (mz)
