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Halberstadt Halberstadt: Gemeinsame Erinnerung an Feuersturm

Von Andreas Hillger 05.11.2004, 17:40

Halberstadt/MZ. - Wie tief sich diese Katastrophe auch in das kollektive Gedächtnis eingegraben hat, konnte eine breite Öffentlichkeit vor allem in Alexander Kluges "Chronik der Gefühle" nachlesen. Darin erzählt der gebürtige Halberstädter derart detailliert von den Ereignissen während des Bombardements, das vor dem Auge des Lesers ein wahres Panorama der Vernichtung entsteht. Die Geschichten der Flak-Helferinnen oder der unter Trümmern begrabenen Hochzeitsgesellschaft haben auch den Theaterregisseur André Bücker in ihren Bann gezogen - und sind bei ihm schließlich zu einem Konzept gereift.

Am 8. April kommenden Jahres, sechs Jahrzehnte nach dem Angriff, sollen sich die Erinnerungen der Überlebenden zu einem ungewöhnlichen Requiem verdichten. Mit dieser Idee hat Bücker zunächst die Intendanz des Nordharzer Städtebundtheaters überzeugt, wo er als Gastregisseur nach mehreren erfolgreichen Inszenierungen inzwischen Vertrauen genießt. Er hat neben der Stadtverwaltung und den Kirchen zudem zahlreiche andere Partner gewonnen, die das Projekt tatkräftig unterstützen.

Dass Bücker ein Gespür für außergewöhnliche Orte und deren Geschichten hat, bewies zuletzt sein Schleef-Projekt "Kein.schöner.Land" in Sangerhausen. Doch während er damals einen Chor mit einem Solisten konfrontierte, sollen sich diesmal viele Einzelstimmen zu Wort melden. Nach einem ökumenischen Gottesdienst und einer Kranzniederlegung an der Ruine der Franzosenkirche werden Halberstädter an vier Orten Gedächtnisprotokolle verlesen, zudem gibr es Ausstellungen und Momente musikalischer Besinnung.

Wie ein Ring wird sich das Gedenken um das Zentrum der Bombardierung schließen: Martini-Kirche, Theater, Galerie im Kunsthof und Bibliothek heißen die Stationen dieses weltlichen Kreuzweges. Dass der Prozess des Erinnerns aber bereits begonnen hat, zeigen die Vorbereitungen: Künstler bieten Workshops für Jugendliche an, in der Stadtverwaltung werden Adressen von gesprächsbereiten Zeitzeugen gesammelt und Halberstädter Schüler arbeiten in Projektgruppen zu dem Thema.

Und dass über aller berechtigten Trauer auch das fremde Leid nicht vergessen wird, stellt die Einbindung der Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge sicher. Aus dieser Außenstelle des KZ Buchenwald wurden einen Tag nach dem Bombardement rund 3 000 Häftlinge durch die SS "evakuiert". Für viele wurde es ein Todesmarsch.

Ansprechpartner in der Stadtverwaltung: Heike Hampel, Domplatz 49, 3 88 20 Halberstadt, Tel.: 03 94 1 / 55 19 51

E-Mail-Kontakt unter:

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