Fred Düren Fred Düren: «Nach Israel, warum eigentlich nicht?»
Halle/MZ. - Das sei Alltag und es sei Glück. Und eigentlich könne alles nur noch besser werden. Denn im "dicken Buch", wie Düren die Bibel nennt, steht geschrieben: Eines Tages wird alles gut.
Seit 1988 lebt Fred Düren, der ein Star der ostdeutschen Bühne und des Defa-Films gewesen war, in Israel. Warum? Eines Tages sei die Erleuchtung gekommen, gibt er in dem im Verlag Neues Berlin veröffentlichten Gesprächsband zu Protokoll. So spürte er das damals: "Jetzt ist der Punkt da, was in den Ohren anderer so komisch klingt, Gott mehr zu gehorchen als den Menschen." Das klingt nicht komisch, liest man das Folgende mit: "Das war meine Einsicht, meine Entscheidung, mich unterzuordnen in völliger Freiheit. (...) Und dann habe ich die DDR verlassen."
Es gab einige Gründe, die DDR verlassen zu wollen, aber es gab nur wenige Mitmenschen, denen das so problemlos gelang wie Düren. Er sei um 1980 zu dem "hohen Funktionär" gegangen, der in der DDR für sein "religiöses Anliegen" zuständig gewesen war. Dieser Mann, bei dem es sich um den Staatssekretär Klaus Gysi gehandelt haben muss, sagte nur: "Nach Israel wollen Sie, warum eigentlich nicht?" Warum eigentlich wird man bei solchen Zitaten immer etwas unruhig? Wohl weil nicht jeder Fred Düren war und auch die DDR das Prinzip "Teile und herrsche" bestens bediente. Düren, der 1928 als Sohn eines Drehers geboren wurde, hatte ja Glück. Er startete mit der DDR in sein Bühnenleben. Er war jung, die Bedingungen elastisch. Engagements in Potsdam und Wismar, dann holte ihn Brecht 1953 an seine Bühne. Ab 1958 am Deutschen Theater unter Wolfgang Langhoff: legendäre Zeiten, legendäre Rollen. Düren ist 1962 der Trygaios in Hacks' Schauspiel "Der Frieden": 45 Minuten Schlussapplaus. Das gibt es nicht alle Tage.
Es sind dann auch die Jahre unter Brecht und Langhoff, die Düren die unterhaltsamsten Statements entlocken, die diese zwei Gespräche bieten, die für ein ganzes Buch ausreichen sollen. Das erste Gespräch wurde 1969, das zweite 2004 geführt. Brecht-Schauspieler? Unsinn, erwidert der Brecht-Schauspieler. "Wer ein guter Schauspieler ist, das hat nichts mit Brecht zu tun." So habe ihn auch der theoretische Brecht nie interessiert. Für die Weigel findet er nur lobende Worte, wohltuend fern von allen Wahrnehmungs-Stereotypen. Anregend auch, was Düren über die Theater-Kultur der 60er Jahre sagt.
Völlig unergiebig aber sind Dürens Statements zu seinem Judentum und dem Weg dorthin. Eine Erleuchtung, irgendetwas Familiengeschichtliches. Die Interviewpartner sind es vorschnell zufrieden. Dankbar springen sie über auf den Palästinenserkonflikt. Immerhin hört man, dass es in Israel "eine Art DDR-Welle" gegeben haben soll. Da saß dann Fred Düren und erklärte Defa-Filme auf Englisch und Hebräisch. Demnächst den Kinderfilm "Der kleine und der große Klaus".