Fotografie Fotografie: «Wichtig ist auf'm Platz»

Burgwedel/dpa. - «Das Runde muss ins Eckige», so einfach beschrieb der ehemaligeBundestrainer Sepp Herberger den wohl erfolgreichsten Ballsport derWelt. Sülflows Bildband führt Hobbykickern, Fans und selbst Laiendiese Einfachheit des Fußballspiels eindrücklich vor Augen. Am Strandvon Wyk auf Föhr steht ein Holztor samt Netz einsam am Strand,dahinter rauscht das Meer; in Schöneck erfüllt ein Eisengestänge amRande einer Blumenwiese seinen Zweck. In Vehlefanz muss ein gemaltesRechteck auf einer Brandmauer fürs 1:0 reichen.
Die 54 farbigen Abbildungen im quadratischen Format verzichten aufÜberflüssiges, wirken nicht überkomponiert. Sie zeigen fast immer einTor, manchmal auch zwei. Hin und wieder ist der gesamte Platz zusehen, ab und zu eine verwitterte Mini-Tribüne, einzelne Sitze,rostige Absperrungen, freies Feld - und viel Szenerie. So mancherTorschrei mag von den Kühltürmen des Kraftwerks in Arzbergwidergehallt sein, etliche Fouls dürfte der Weinberg am Hartplatz vonOberfell gesehen haben, die Kirche von Illschwang kann wohl ebensostummes Zeugnis ablegen von Sporttragödien und Siegestaumel wie dieBäume im verschneiten Schwangau - oder sonstwo in der Provinz.
Poetisch wirken die Bilder der Fußballplätze, inmitten malerischerLandschaften gelegen; die Bolzplätze hinter hohen Zäunen und am Randevon Industrieanlagen erscheinen eher karg, aber nie trostlos, monotonoder abweisend. In der Vorstellung des Betrachters mögen sich hierGenerationen von rotznäsigen Jungs - und auch Mädchen - in viel zugroßen Trikots die Knie aufgeschlagen, tausende von Familienväternmit Bauchansatz das letzte Tor vor der Zerrung geschossen haben.
«Ein Spiel dauert 90 Minuten», noch so eine Weisheit vonHerberger, die auf vielen der Plätze, die Sülflow dokumentiert hat,aber wohl kaum gelten dürfte. Hier dauert ein Spiel, bis eineMannschaft zehn Tore geschossen hat oder bis die Sonne untergeht oderbis die erschöpften Helden in die Kneipe gehen. «Elf Freunde» müssenhier auch nicht sein, auch keine Schiedsrichter, Manager,Millionengagen, Fernsehteams und Radioreporter. Es reicht eine Handvoll Spieler, ein Ball und mindestens ein Tor.
Gerade mit Blick auf die Fußballweltmeisterschaft im kommendenJahr hat Sülflow jene Fußballplätze ins Visier genommen, die sonstnur Ortsansässige und die Teams der gegnerischen Mannschaft aus denKreisklassen dieses Landes zu Gesicht bekommen. Den hunderteMillionen Euro teuren Bombast-Arenen von München, Schalke und Hamburgsetzt er die tausendfach vorhandenen Plätze entgegen, auf denen wohljede große Kickerkarriere einmal begann und noch viel mehr Träume vomProfi-Leben unerfüllt blieben. Plätze, kaum geeignet fürBallzaubereien, eher zum Bolzen, Draufhauen und Abziehen.
Rainer Sülflow: Fußballplätze in Deutschland. Football Pitches in Germany M&S Communication Gmbh, Burgwedel 132 S., 54 farbige Abb., Euro 29,90 ISBN 3-9810123-0-5