Fernsehen Fernsehen: RTL verliert Quote
köln/MZ. - Ein Sport-Jahr ist anstrengend für einen Sender ohne große Sport-Rechte. "Ich bin froh, wenn der Sommer vorbei ist", sagte RTL-Chefin Anke Schäferkordt am Donnerstag bei strahlendem Sonnenschein in Köln. Die Quoten sind auf dem Sinkflug, 16,5 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen beträgt der Marktanteil im Jahr 2012 bisher und liegt damit deutlich niedriger als in den beiden vorigen Jahren.
In der zukünftig relevanten Zielgruppe der 20- bis 59-Jährigen ist der Marktanteil mit 15,3 Prozent noch etwas geringer. Wegen Fußball-EM und Olympia, aber nicht nur, wie auch Schäferkordt zugab. Als Gründe nannte sie die immer zahlreicheren Fernsehsender und die Nachahmer bei der Konkurrenz, die die erfolgreichen Nachmittags-Konzepte kopiert hätten.
Die Nummer eins ist RTL in der Zielgruppe immer noch, doch neue Rekordjahre erwartet Schäferkordt nicht mehr - bei RTL zieht Bescheidenheit ein. Nun gilt es, den "komfortablen Vorsprung" (Schäferkordt) vor der Konkurrenz zu verteidigen.
Die Geschäftsführerin kündigte eine "Entwicklungsoffensive in allen Bereichen" an, doch in manchen Bereichen wirkt das Programm eher wie eine Entwicklungsdefensive. Bei den Shows etwa gibt es die üblichen Fortsetzungen von DSDS, Dschungel-Abenteuer, "Let's Dance" und natürlich vom "Supertalent", bei dem sich ab dem 15. September ein gewisser Thomas Gottschalk als neuer Juror vorstellt. Und sonst?
Die "Traumhochzeit" wird neu aufgelegt, nicht mehr moderiert von Linda de Mol, sondern von Susan Sideropoulos und Yared Dibaba. Und Promis müssen Aufgaben im Dunkeln lösen ("Total Blackout"). Die Kritik des ehemaligen RTL-Chefs Helmut Thoma erscheint jedenfalls nicht ganz abwegig: Dem Sender würden die Zuschauer weglaufen, weil die Programme langsam alt würden, sagte der 73-Jährige.
Offensiv wird RTL allerdings bei den Serien. Ein Neustart von gleich fünf Eigenproduktionen. Zwei Sitcoms sind dabei: "Die neuen Abenteuer der alten Christine" mit Diana Arnft ("Doctor's Diary") als geschiedene Mittdreißigerin mit Liebesfrust sowie der Büro-Spaß "Sekretärinnen - Überleben von neun bis fünf". In Serie gehen auch "Der Lehrer" mit Hendrik Duryn und "IK1 - Touristen in Gefahr", deren Pilotfilme den Quoten-Test im Programm bestanden hatten.
Hinzu kommt ein Action-Kracher in internationaler Koproduktion: "Transporter" mit Chris Vance. Die Lücke von "Dr. House" und "Monk" müssen die Wiedergeburt von "Dallas" sowie die US-Krimiserie "Person of Interest" füllen. Auf dem weiten Feld der Real-Life-Formate will sich RTL mit dem "Aufdecken gesellschaftlicher Missstände" (Schäferkordt) profilieren. Das sieht dann so aus: Christian Rach steckt seine Nase in Schulkantinen und Mülltonnen ("Rach deckt auf"), und bei "Ärztepfusch? Dr. Gardain klärt auf" geht es um fragwürdige medizinische Diagnosen.
Außerdem widmet sich der Sender verstärkt dem Thema Armut - auf seine Weise. So reist Peter Kloeppel für die Reportage "Armes Deutschland, reiches Deutschland" durch eine "sozial gespaltene Republik", wie der Untertitel verheißt.
Aber auch damit weiß RTL umzugehen. In "Secret Millionaire" lebt ein Millionär eine Woche lang als Hartz-IV-Empfänger, um sich am Ende mit einer Spende ins reale Wohlstands-Leben zu verabschieden. Das gibt jedenfalls schöne, fernsehgerechte Freuden-Tränen bei den Almosen-Empfängern.