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Ein Puppenstuben-Wunder Ein Puppenstuben-Wunder: Leipziger Aschenputtel: Die Oper inszeniert "La Cenerentola"

Von Joachim Lange 30.03.2016, 08:15
Zauberhaft: Wallis Giunta als Angelina
Zauberhaft: Wallis Giunta als Angelina Kirsten Nijhof

Leipzig - Am Ende kriegt sie den Prinzen. Und er sie. Er winkt vom Balkon. Sie geht runter zum Volk und ist aus dem Stand eine Prinzessin der Herzen.

In Leipzig erinnert Angelina dabei an eine Diana im Sissi-Look. Doch sie behält ihren Sinn fürs Praktische und übernimmt wahrscheinlich gleich noch einen Teil dessen, was der Kammerdiener bisher gemacht hat.

Es ist so ein richtig schönes Herz-Schmerz-Ach-Ja-Happyend, das Gioacchino Rossini ans Ende seiner Cenerentola setzt. Keine Toten, ein glückliches Paar und sogar für die fiese Verwandtschaft die Chance für einen Neuanfang.

In der Realität bekommen Kate und William das auch nicht besser hin, als beim genießerischen Italiener vorgegeben.

Das Märchen vom Aschenputtel gehört halt - bewusst oder unbewusst - zum Traum- und PR-Potenzial, das eine moderne Monarchie-Inszenierung auch heute noch am Leben erhält.

Da können wir noch so republikanisch tun: In den bunten Illustrierten geben die Royals mehr her, als das aller paar Jahre wechselnde Polit-Personal hierzulande.

Mit diesem augenzwinkernden Das-hab-ich-beim-Frisör-gelesen-Royalismus spielt Regisseurin Lindy Hume (das ist die mit dem gekonnten White House Radamisto zur Jahrtausendwende in Halle).

Die Australierin und ihr Ausstatter Dan Potra verweisen auch ganz direkt auf die Amtsvorgänger der Queen. Vielleicht, weil die in Neuseeland, wo diese Produktion zuerst zu sehen war, noch das Staatsoberhaupt ist?

Die gewaltige Bibliothek ziert jedenfalls eine Galerie mit Porträts von Wilhelm dem Eroberer über Heinrich VIII. und Elisabeth I. bis zu Georg IV. Wenn die Sache mit der Brautschau des Prinzen und der Klamottentausch mit dem Diener geklärt ist, dann hakt sich Lindy Hume im Geiste bei Rossini unter, verständigt sich mit ihm augenzwinkernd auf eine gewaltige Prise Charles Dickens, lässt ihren Ausstatter von der Leine und (be-)zaubert mit einem aufklappbaren Krämerladen auf der Bühne.

In diesem Puppenstubenwunderladen lässt sie dann tatsächlich die Puppen tanzen.

Was den Männern-in-Frauenkleidern als Dienstpersonal oder als Fähnchen schwingendes, im Dickens-Outfit anrückenden Volk offenbar großen Spaß macht.

Ob in der Bibliothek (im ersten Regalfach verbirgt sich die royale XXL-Hausbar hinter den Bücherrücken), im Laden oder auf dem grünen Parkrasenteppich vor dem Schloss (eher Hannover als Windsor) im Hintergrund - die haben allemal genügend Platz, um sich auszutoben. Vorneweg natürlich die Protagonisten: von der wunderbar mezzosamten und koloraturleichten Wallis Giunta als Angelina und ihrem temperamentvoll schmetternden Prinzen Matteo Macchioni, seinem Diener Dandini Jonathan Michie, über den urkomisch aufgeblasenen José Fardilha als Don Magnifico bis zu den zwei giftigen Schwestern Clorinda (Magdalena Hinterdobler) und Tisbe (Sandra Janke) sowie dem Spielführer Alidoro Sejong Chang bietet Leipzig ein belcantofeines Sängerfest.

Das versehen Anthony Bramall und das Gewandhausorchester mit einem Rossini-Feuerwerk aus dem Graben, das diesen Komponisten ernst nimmt, also hinreißend leicht serviert. Immer wieder Beifall und am Ende einhelliger Jubel!

Nächste Aufführungen:

9. und 23. April 2016 jeweils 19 Uhr