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Die Köche und die Kochs: Namen und ihre Grammatik

09.10.2016, 07:53
Bei Caesar war die Donau noch männlich. Foto: Armin Weigel
Bei Caesar war die Donau noch männlich. Foto: Armin Weigel dpa

Mainz - Warum heißt es bei der Berufsbezeichnung zwar „der Koch” und „die Köche”, wenn es sich um einen Nachnamen handelt aber „der Herr Koch” und „die Kochs”?

Mit solchen Fragen beschäftigen sich von Montag (10. Oktober) an Sprachwissenschaftler aus Europa bei der Tagung „Linguistik der Eigennamen” an der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz. Veranstalterin Mirjam Schmuck sagt: „Linguisten haben Namen immer unter den Tisch fallen lassen. Über ihre besondere Grammatik und wie diese sich entwickelt hat, ist bislang wenig bekannt.”

So fragten sich die Wissenschaftler zum Beispiel, warum Autos immer männlich sind. Also „der Mercedes”, „der Volkswagen”, „der Opel”. Dabei heißt es ja „das Auto” - ein Neutrum. „Man könnte meinen, das liegt am Auto als männliches Statussymbol, aber damit geben wir uns nicht zufrieden”, erklärt Schmuck, die in Mainz Historische Sprachwissenschaft des Deutschen lehrt. Vielmehr komme der männliche Artikel vom alten Wort „der Wagen”. Das Auto sei ein neuerer Begriff.

„Eigentlich müsste man für Namen eine eigene Grammatik schreiben”, meint Schmuck. Doch lange seien Eigennamen einfach als Substantive eingeordnet worden und ihre spezielle Grammatik wurde nicht erfasst. Etymologie hingegen, also die Lehre von der Herkunft der Wörter, schaute sich vor allem die Geschichte von Orts- und Familiennamen an. „Mainz” etwa ist eine verkürzte und abgewandelte Form des römischen Namens „Mogontiacum”.

Dabei ist gerade die Grammatik von Namen besonders innovativ. Heute heißt es „die Donau”, wohingegen Caesar den Fluss noch „danubio” nannte, was eine männliche Form ist. Auch bei Bergen wechselt das Geschlecht noch, wie Schmuck ergänzt. „Die Zugspitze” habe ihren Artikel von „Spitze”. Sobald der Name intransparenter wird, der Sprecher also nicht mehr an die Spitze denkt, könne ein anderes Geschlecht übergestülpt werden.

Auch die Flexion erfolgt bei Namen nach eigenen Regeln. So fällt das Genitiv-s oft weg, etwa bei „der Geburtstag des kleinen Daniel”, oder sie kann optional gesetzt werden, wie bei „des Iran(s)”. Bei Eigennamen sind interessante Wortschöpfungen möglich, wie etwa bei „grimmsche Märchen” oder „kafkaesk”. Manchmal bekommen sogar normale Substantive einen Namens-Einschlag: „Balkonien” lehnt sich an typische Endungen von Ländern wie Spanien und Bulgarien an.

Das Deutsche sei natürlich mit seinen drei Genera männlich, weiblich und sächlich speziell, erklärt Schmuck. Im Englischen gibt es nur einen Artikel für alle Substantive, und in romanischen Sprachen wie dem Französischen und Spanischen nur zwei. „Interessant wäre für uns auch Russisch - aber dazu wurde bislang noch nichts geforscht”, sagt Schmuck. In dieser Forschungsrichtung seien die Deutschen Vorreiter. (dpa)