Deutsches Historisches Museum Deutsches Historisches Museum: Im Wald knallt Erich Honeckers Büchse
Berlin/MZ. - Galten die wilden Tiere im Römischen Reich noch als herrenlos und die Jagd auf sie einem jeden freien Mann an einem jeden Ort grundsätzlich als gestattet, änderte sich das bald. Vom 13. Jahrhundert an hatte auch im Deutschen Reich der das Jagen, der vor Ort das Sagen hatte, der Landesherr als Eigentümer. Die Geschichte der Jagd ist also eine hoch politische, so wie die Art ihrer Durchführung den Geist einer Zeit spiegelt, der ja stets der Geist der regierenden Herren war.
Insofern ist der Entschluss des Deutschen Historischen Museums in Berlin, im neuen Pei-Bau eine Sonderschau der "Hofjagd" zu widmen, sofort nachvollziehbar. Auch deshalb, weil in den Depots des als Zeughaus errichteten Museums sich die Jagdwaffen vom Großen Kurfürsten bis hin zum Großen Vorsitzenden, Erich Honecker nämlich, sammeln. Das allein präsentieren zu wollen, wäre eine Messe wert; es geht aber, wie gesagt, um mehr als eine Schwerter- und Büchsen-Schau: Es geht um eine fortgesetzte Landnahme, das Ausüben von Herrschaft über Wild und Mensch, denn es waren die Bauern, die den Herren knechtisch zur Prachtjagd zu dienen hatten, und es waren die Bauern und Bürger, die ihr Jagdrecht vom Adel 1848 zurückerobern sollten.
Von den politischen Aspekten der Jagd erfährt der Besucher der Ausstellung leider nur so viel, wie er selbst in der Lage ist, von den ausgestellten Objekten abzulesen - das allerdings ist nicht wenig. In erster Linie zeigt sich die Schau als ein Prunk-Waffen-Depot, als Lexikon der Jagdformen und als Jahrhundert-Gang durch das Dekor der Staatsjagden. Ein Aneinander von mit Herrschafts-Initialen versehenen Schwertern, Speeren und Armbrüsten, letztere waren monströse Mordgeräte, High-Tech-Waffen bereits in der Renaissance. Die eigentliche Hochzeit der Jagd aber war das Barock, jene Epoche, in der die Jagdschlösser pilzgleich aus dem Boden sprangen. So gibt es in Berlin auch den berühmten Kupferstich vom "Ambtsflecken Wörlitz" zu sehen, der noch das alte und schlichte, im 17. Jahrhundert errichtete Jagdschloss zeigt, das dem klassizistischen Landhaus des Vaters Franz zu weichen hatte.
Es war der Alte Dessauer, der 1713 die Parforce-Jagd in Deutschland einführte, eine französische Jagd-Art, in der das Wild durch Hunde bis zur Erschöpfung gehetzt wurde. Überhaupt: Die "Hohe Jagd" gehörte dem Fürsten (das "edle Wild" wie Rothirsch oder Damwild), die "Niedere Jagd" dem Untertanen (Reh, Hase, Fuchs), die Schädlinge durfte jedermann jagen: Wolf und Bär.
So sammelt die Schau alles, worin sich Herrschaft in der Jagdausübung spiegelte: von der Uniform über das Waidbesteck bis hin zur Luxuswaffe. Mit einem Blick auf ein prächtiges Jagdgewehr, das Erich Honecker vom DDR-Außenministerium überreicht worden ist, entlässt das Haus den Gast; eine Waffe aus Suhler Produktion, Waffenschmiede seit dem Mittelalter.
Bis 12. April: tägl. 10-18 Uhr, Katalog, 144 Seiten, 20 Euro