Dessau Dessau: Architekten verlassen die Prestige-Baustelle
DESSAU-ROSSLAU/MZ. - Die Überraschung verbarg sich unter der eher unspektakulären Rubrik "Informationen": Zu diesem Tagesordnungspunkt teilte Joachim Hantusch (SPD), Wirtschaftsdezernent der Stadt Dessau-Roßlau, den Stadträten am Mittwoch mit, dass sich die mit der "städtebaulichen Reparatur" der Meisterhaus-Siedlung beauftragten Architekten aus dem Prozess zurückgezogen hätten. Man habe sich mit dem Büro Nijo Architekten aus Zürich auf die Sprachregelung geeinigt, dass sich die Wege nach dem Abschluss der Gestaltungsplanung "in beiderseitigem Einvernehmen" trennen.
Mit dem Ausstieg von Nina Lippuner und Johannes Wick, die am Donnerstag nicht für eine Stellungnahme erreichbar waren, scheiden die beiden letzten Teilnehmer des umstrittenen Wettbewerbs aus, der im vergangenen Jahr nach einer "Aktualisierung der Moderne" fragte und in dem das Schweizer Duo mit seinem "volumetrischen Zitat" aus schwarzen Kuben einen zweiten Preis errang. Dass der Ausstieg nun auch den Zeitplan durcheinanderwirft, der eine Verzahnung der Bauarbeiten mit der Internationalen Bauausstellung (IBA) 2010 vorsah und den Hantusch von seinem Amtsvorgänger übernommen hatte, bedauert der Dezernent zwar. Eine Gefährdung des Projektes sieht er indes nicht: Selbst wenn man noch "einen Loop einlegen" müsste, um die optimalen Materialien für die Gestaltung von Gropius-Haus und Moholy-Haushälfte zu finden, würden bereits bewilligte Fördermittel nicht verfallen.
Das bestätigt auch Philipp Oswalt, der als Direktor der Stiftung Bauhaus Dessau eng mit dem Prozess der "Reparatur" befasst ist und am Mittwoch dennoch von der Absage der Architekten überrascht wurde. Über die Gründe könne er zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur spekulieren, sagt er - räumt aber ein, dass die Annäherung zwischen Stadt, Stiftung und Architekten ein "schmerzvoller Prozess" gewesen sei, der sich freilich zu einem großen Teil vor seinem eigenen Amtsantritt vollzogen habe.
Gerüchten, dass die vom Stadtrat beschlossene Nutzungskonzeption der Häuser die gestalterische Freiheit allzu sehr eingeschränkt habe, widerspricht Oswalt allerdings. Man habe im Gegenteil die Erwartungen zurückgeschraubt, indem etwa die Einrichtung eines Besucherzentrums im Gropius-Haus wegen der räumlichen Enge verworfen wurde. Dass dafür Alternativen im Stadtraum gesucht würden, ließe die Planung vor Ort entspannter erscheinen.
Die Frage, ob man die weiteren Bauschritte gemeinsam mit der Stadt und dem Landesamt für Denkmalpflege aus eigenen Kräften gehe könne, verneint Oswalt entschieden. Gerade bei einem so "kleinen, delikaten Gebäude", dessen Weltkulturerbe-Status zusätzliche Sorgfalt verlange, sei man bis zum Schluss auf architektonische Mitarbeit angewiesen. "Da braucht man eine Autorenschaft und eine entwurfliche Haltung", sagt Oswalt, "das kann man keinem Dienstleister überlassen." Allerdings sei für die Fortsetzung der Arbeiten, für die er auch noch einmal um die Partnerschaft mit dem ausgestiegenen Büro werben wolle, nicht unbedingt eine Ausschreibung vonnöten. "Das kann man auch in einem Gutachterverfahren mit drei eingeladenen Büros lösen." Damit wäre der Zeitverzug überschaubar und die Präsentation eines Zwischenstandes im IBA-Jahr möglich.
Und wichtiger sei ohnehin, dass man das Ergebnis nicht nur bei dieser Schau, sondern auch in 20 Jahren noch vorzeigen könne. So ähnlich sieht man es wohl auch im Landesverwaltungsamt, wo man die Verlängerung von Fördermitteln in solchem Ausnahmefall einräumt.