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DDR-Film-Legende Erwin Geschonneck mit 101 gestorben

13.03.2008, 08:28

Berlin/dpa. - Er war eine DDR-Filmlegende: Der Schauspieler Erwin Geschonneck ist tot. Er starb am Mittwoch im Alter von 101 Jahren in seiner Berliner Wohnung, wie die Akademie der Künste mitteilte.

Zu seinen bekanntesten Filmen zählt «Jakob, der Lügner» von Frank Beyer (1974), der als einziges Werk in der Geschichte der DDR- Filmgesellschaft Defa für einen Oscar nominiert wurde. Seine Karriere begann Geschonneck nach Kriegsende bei Ida Ehre in Hamburg und bei Bertolt Brecht am Berliner Ensemble. Er war in mehr als 100 Rollen in Film und Fernsehen sowie auf der Bühne zu sehen.

Der gebürtige Ostpreuße machte sich als Charakterdarsteller, aber auch mit hintergründig-humorvollen Rollen einen Namen. Er erhielt mehrmals den DDR-Nationalpreis und einige Jahre nach der Wiedervereinigung auch das Filmband in Gold der Bundesrepublik. Seine prominentesten Rollen waren «Karbid und Sauerampfer», «Das Beil von Wandsbek», «Gewissen in Aufruhr» und «Nackt unter Wölfen». Zum letzten Mal hatte er 1995 in der von seinem Sohn Matti gedrehten Tragikomödie «Matulla & Busch» vor der Kamera gestanden.

Im Dezember 2006 wurde der große alte Mann des ostdeutschen Films an seinem 100. Geburtstag mit einer Hommage in der Akademie der Künste geehrt. Die Akademie würdigte Geschonneck am Mittwoch als «aufrechten, unbeugsamen Zeitgenossen». «Gleichgültigkeit verabscheute er, wo immer sie sich breitmachte», hieß es in der Mitteilung. Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) würdigte Geschonneck, er sei «über Jahrzehnte einer der prägnantesten und beliebtesten Darsteller im Osten Deutschlands» gewesen.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sagte, Geschonneck sei mit Leib und Seele ein Volksschauspieler gewesen, mit einer «aufrechten politischen Überzeugung». «Bis ins hohe Alter hinein blieb er sich treu», hob Wowereit in einer Mitteilung hervor. Regisseur Thomas Langhoff sagte im RBB-Kulturradio über Geschonneck: «Er war in der kleinen DDR unbedingt ein großer Star, ein wirklicher Mann wie ein Baum mit tiefen Wurzeln.»

Lothar Bisky und Gregor Gysi (Linke) trauerten «um einen großartigen Menschen, einen Künstler, der das 20. Jahrhundert intensiv durchlebt und geprägt hat». Geschonneck habe die PDS in den 90er Jahren begleitet und sei bis zuletzt Mitglied der Linken gewesen, betonte die Parteispitze. Er habe sowohl das «antifaschistische Filmerbe» geprägt, als auch darstellerisch die Widersprüche in der DDR-Gesellschaft «voller Leidenschaft kommentiert».

Der Jung-Kommunist Geschonneck war bei Machtantritt der Nazis 1933 in die Sowjetunion geflüchtet. Nachdem ihn sein Zufluchtsland auswies, geriet er 1939 in Prag in die Fänge der Gestapo. Durch drei Konzentrationslager getrieben überlebte er den Untergang der «Cap Arcona» mit mehreren tausend KZ-Häftlingen an Bord in der Lübecker Bucht wenige Tage vor Kriegsende. Seine Karriere als Schauspieler begann nach 1945.

Seine letzte Ruhe findet Geschonneck auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin, dem traditionsreichen Künstlerfriedhof. Dort hatte er sich noch zu Lebzeiten eine Grabstelle reservieren lassen, neben dem Grab von Brecht und Helene Weigel.