Dänische Malerei Dänische Malerei: Entdeckung des Nordens

naumburg/MZ - Wann interessiert sich hierzulande jemand für Dänemark? Und wenn es geschieht: aus welchem Grund? Die Bilanz dürfte einigermaßen bescheiden ausfallen. Fußball- wie Handball-Freunden fällt freilich etwas ein, wenn der Name unseres nördlichen Nachbarlandes genannt wird. Fans frischer Rockmusik könnten mit der Zunge schnalzen, Verehrer liebenswerter Königshäuser neidvoll die Augen verdrehen. Und natürlich gibt es die begeisterten Dänemark-Fahrer, von denen viele seit Jahrzehnten in jedem Sommer nach jenem Land aufbrechen, das bald hinter Flensburg beginnt - einigermaßen unspektakulär, sieht man von dem erstaunlichen Umstand ab, dass es keine Staus auf den Straßen mehr gibt.
Wolfgang Lührs, der seine private Sammlung dänischer Malerei nach Ausstellungen in Hamburg, Stade, Rostock und Viborg (Dänemark) nun auch in Naumburg präsentiert, wo er arbeitet und lebt, hebt in seinem Beitrag zum Katalog gleichfalls auf die rätselhafte Veränderung der Verkehrsflüsse ab. Eben hat man sich in sommerlicher Hitze noch auf der Bundesautobahn 7 in Geduld fassen müssen, rollt es dann in Dänemark, als sei das Geschiebe nur ein böser Traum gewesen. Ein heiteres, gelassenes, großzügiges und tolerantes Land, bemerken seine deutschen Freunde immer wieder aufs Neue staunend. Und mit einem ausgeprägten Empfinden für Stil: Man sehe sich nur die Industrie- und Gewerbegebiete der Dänen an. Sie haben, wie die Deutschen auch, gut ausgebildete Designer. Aber sie beschäftigen sie offenbar auch. Das macht den Unterschied.
Hier aber, im Falle des Naumburger Schlösschens, wo am Sonnabend um 16 Uhr in Anwesenheit des dänischen Botschafters Per Poulsen-Hansen die Schau von 70 Bildern aus der Sammlung Lührs eröffnet wird, geht es um eine weiterreichende Entdeckung: Als Herkunftsland bedeutender Malerei wird Dänemark auch manchen Kunstfreunden durchaus noch eine Überraschung bieten können.
Aufbruch in die Moderne
Wolfgang Lührs indes, Jurist und Jahrgang 1951, beschäftigt sich seit langem mit dänischer Kunst. Er hat das Land oft bereist, seine Sprache erlernt und Speicher von Sammlern wie auch Gebrauchtwarenläden auf der Suche nach Gemälden für seine Sammlung durchstöbert. Das Ergebnis, soweit es nun in Naumburg in einer sehr schönen, umfangreichen und gut gegliederten Schau vorgestellt werden kann, zeigt eine stilistische Geschlossenheit einerseits - aber auch den Wandel vom Traditionellen hin zum Aufbruch in die Moderne, wie ihn etwa die Skagensmaler um die vorletzte Jahrhundertwende mit ihrer Hinwendung zu Porträts einfacher Menschen und Sujets aus deren Arbeitswelt vollzogen.
Die Schau überspannt die Blüte- und Wandlungszeit der dänischen Malerei; beginnend mit dem sogenannten Goldenen Zeitalter in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts reichen die bildnerischen Zeugnisse bis zum Ende der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts.
Für das Goldene Zeitalter stehen Maler wie Jens Juel, Christoffer Wilhelm Eckersberg, Christen Købke, P. C. Skovgaard, und J. Th. Lundbye. Die „Neuen“ sind etwa mit Michael Ancher vertreten, der zu den wichtigsten Vertretern der Künstlerkolonie gehörte, die sich im nördlichsten Zipfel von Jütland entwickelt hatte und nicht zuletzt für ihren grandiosen Realismus, aber vor allem für ihre Feier des Lichts gerühmt und zu Recht verehrt wird.
Vor allem die Freunde der Landschafts- und Genremalerei werden in der Naumburger Ausstellung auf ihre Kosten kommen - und quasi nebenbei vielleicht, sofern dies überhaupt notwendig sein sollte, ihr Bild von einem ranghohen Staatsanwalt korrigieren können, zu dessen höchstem Vergnügen die Spurensuche nach Urheberschaft und Herkunft eines Gemäldes gehören kann. Das schließt im konkreten Fall detaillierte Kenntnisse selbst über die Werkstätten ein, in denen die dänischen Maler die zumeist prachtvollen Rahmen für ihre Bilder fertigen ließen.
Magisches Licht
Was die Ausstellung auch bezeugt - neben der regen jüngeren Kunstgeschichte unserer Nachbarn - ist der anregende Austausch, den viele dänische Künstler durch ihre Reisen in andere europäische Länder pflegten, zumal nach Italien. Dabei rührt es einige Male nicht wenig, wie überhöht ein klassisches Ideal gezeigt und verinnerlicht wird, während die eigenen, die nordischen Landschaften in ihrer kargen Strenge und scheinbaren Ereignislosigkeit eben gerade durch das magische Licht zu Werken mit hohem Suchtfaktor für den Betrachter werden können: die Entdeckung des Nordens eben.
Bis 2. Juni: Galerie im Schlösschen, Markt 18. Tgl. 10-17 Uhr, Eintritt: 3 Euro, ermäßigt. 2 Euro, unter 18 frei. Katalog, hg. v. Siegfried Wagner, 7 Euro