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cCe-Galerie in Leuna cCe-Galerie in Leuna: Ein Leben in Bildern

Von kai agthe 11.09.2015, 17:10
Es bildet das Zentrum der Leunaer Ausstellung: Dieter M. Weidenbachs Gemälde „Industriewerk (nach Arnold Böcklin)“ aus dem Jahr 1979.
Es bildet das Zentrum der Leunaer Ausstellung: Dieter M. Weidenbachs Gemälde „Industriewerk (nach Arnold Böcklin)“ aus dem Jahr 1979. Peter Wölk Lizenz

leuna - Betritt man die cCe-Galerie in Leuna, schaut man direkt auf ein düsteres Industriewerk. Das ist eigentlich unmöglich, weil sich die Ausstellungsstätte im Souterrain des dortigen Kulturhauses befindet. Das Industriewerk, von dem man beim Betreten der Galerie begrüßt wird, ist denn auch nicht das Konglomerat aus Leunas chemischen Unternehmen, sondern das „Industriewerk (nach Arnold Böcklin)“ von Dieter M. Weidenbach. Das großformatige Ölgemälde von 1979 zeigt ein Gewirr aus technischen Anlagen, die in jene meerumspülte „Toteninsel“ eingefügt ist, deren Urversion Böcklin 1880 malte und die heute als Meisterwerk des Symbolismus gilt. Wer wollte, konnte Weidenbachs Version, obwohl es hier weder dampft noch zischt, als Kommentar auf die unheimliche, weil dreckige DDR-Industrie im Allgemeinen und die von Leuna und Buna im Speziellen verstehen.

Der in Stendal geborene, in Weißenfels aufgewachsene und seit vielen Jahren in Weimar lebende Künstler zeigt dieses und weitere Gemälde aus vier Jahrzehnten anlässlich einer Ausstellung, die Weidenbach zum 70. Geburtstag am 22. Oktober gewidmet ist. Den feiert der Maler in Leuna aber nicht allein, sondern mit „Malerfreunden“. So lautet der Titel der Schau, in deren Rahmen auch Werke von Hendrik Tauché und Hans Joachim Becker zu sehen sind, für die Weidenbach Lehrer, Anreger und Freund war und ist. Ferner sind Arbeiten von Weidenbachs Frau Helga Ginevra (1938-1996) und der gemeinsamen Tochter Claudia (Jahrgang 1969) ausgestellt.

Schwereloses Hochzeitsbild

Helga Ginevra, die als Helga Melges in Weißenfels geboren wurde, zeigt uns auf dem Bildnis „Der junge Maler D.W.“ von 1973, wie wir uns Dieter Weidenbach als Endzwanziger vorzustellen haben. Das Gemälde scheint von der Renaissance-Malerei inspiriert: Der kecke Mensch à la Albrecht Dürer hält in der rechten Hand einen Pinsel fast wie einen Taktstock und in der Linken eine Palette. Hinter ihm öffnet sich eine mediterran anmutende Landschaft. Von Ginevras Hand stammt auch das „Hochzeitsbild“ (1970), welches das frisch vermählte Paar Weidenbach in einem Atelier zeigt. Der Bräutigam ist so beschwingt, dass er fast zu schweben scheint. Die an Marc Chagall erinnernde naive Szene ist in nahezu ungemischten Farben gehalten.

Auch Dieter Weidenbach bevorzugt bis heute kräftige Farben – auch und vor allem bei seinen Frauenporträts, die in Leuna reichlich vertreten sind: als „Claudia“, „Juliane“ und „Faustina die Roma“ sowie als barocke Hofdamen und Geishas.

Hendrik Tauché stellt unter anderem einen Zyklus zu sechs von sieben christlichen Todsünden, Stillleben und ein berührendes Gemälde aus, das „Sorge“ (2015) betitelt ist und eine junge Frau in altertümlichem Kostüm zeigt, die auf einem Feld vor einem scheinbar wenig furchtsamen Hasen kniet und im Begriff ist, diesen zu anzufassen. Ein Motiv, das in der Gegenwart zu verorten ist, da sich im Hintergrund Windräder erheben.

Hans Joachim Becker ist unter anderem mit dem Triptychon „Zerfall“ (2012) vertreten. Auf den drei Blättern sind Torsi in unterschiedlichen Zuständen zu sehen, die auch durch ihre erdige Farbgebung (braunrot, orange, ocker) wunderbar miteinander harmonieren.

Mit seiner Tochter Claudia teilt Weidenbach die Leidenschaft für religiöse Themen. Im Kabinett der Galerie zeigt sie die mit kraftvollem Strich gemalten Zeichnungen „Engel I“ und „Engel II“, ihr Vater etwa einen „Christus“ (2010) als Schmerzensmann vor schwarzem Hintergrund und eine mit zarten Bleistiftstrich skizzierte „Maria mit Kind“ (2013), deren überlange Arme den Jesusknaben bergen.

Das Lächeln der Mona Wurst

Gut zu wissen, dass sich die Kunstsammlung Leuna nicht hat lumpen lassen und Weidenbachs Gemälde „Junge Leute am Abend“ (1977) ankaufte. Die Gruppe, in deren Mitte ein rotes MZ-Motorrad thront, hat sich in freier Landschaft versammelt. In der untergehenden Sonne leuchten typisierte Stars der westlichen Rockmusik, die auch für die damalige DDR-Jugend Idole waren.

Es soll nicht unterschlagen werden, dass Weidenbach auch eine humoristische Ader hat, wie jenes Gemälde zeigt, dass aus der Mona Lisa von Leonardo da Vinci und der Dragqueen Conchita Wurst eine mit Vollbart ausgestattete, lasziv lächelnde „Mona Wurst“ (2015) werden lässt. Auch über sich selbst kann der Künstler schmunzeln: Auf seinem in altmeisterlichem Stil gehaltenen „Selbstportrait“ (2009) trägt er nicht nur einen roten Turban, sondern auch – das Alter? – zwei Brillen übereinander.

Während die Leunaer Schau den Künstler, Freund und Lehrer Dieter M. Weidenbach in den Fokus rückt, ist er demnächst in Merseburg als Schüler zu erleben: Am 4. Oktober öffnet in der Willi-Sitte-Galerie die Ausstellung „Aufbruch – Unterwegs in Weite und Vielfalt“. Sie will daran erinnern, dass Weidenbach in den späten 70er Jahren Meisterschüler von Willi Sitte war.

„Malerfreunde“ bis 9. Oktober in der cCe-Galerie: Di, Do und Fr von 11-17 Uhr, Mi 11-19 Uhr. Am 26. September findet um 14 Uhr ein Künstlergespräch mit Dieter M. Weidenbach statt. (mz)

Weidenbachs Frau Helga Ginevra porträtierte ihren Mann im Jahr 1973.
Weidenbachs Frau Helga Ginevra porträtierte ihren Mann im Jahr 1973.
Peter Wölk Lizenz
Von der Hand eines früheren Schülers: Hendrik Tauchés „Sorge“ (Ausschnitt)
Von der Hand eines früheren Schülers: Hendrik Tauchés „Sorge“ (Ausschnitt)
Peter Wölk Lizenz