Cat Power präsentiert ihre persönliche Jukebox
Hamburg/dpa. - Auf «Jukebox» (VÖ: 18.01.) covert Cat Power Klassiker wohlbekannter Kollegen und ihrer persönlichen Vorbilder von Billie Holiday über Hank Williams bis zu Bob Dylan.
Dass Chan Marshall eine überaus begabte Songwriterin ist, hat die US-Künstlerin mittlerweile mit sechs erfolgreichen Studioalben bewiesen. Dass auch ihre Interpretationen der Werke anderer Künstler stets ihre ganz eigene Handschrift tragen und grundsätzlich mehr als eine herzliche Hommage an große Vorbilder darstellen, war zum ersten Mal auf ihrer Cover-Platte «The Covers Record» zu hören. Nun wagt sich Cat Power mit «Jukebox» ein weiteres Mal an Neuinterpretationen bekannter Songs und gibt sich bei der Auswahl der Vorlagen so stilsicher wie selbstbewusst.
Bereits der Opener des neuen Albums ist eine schöne Überraschung, deren Original sich tatsächlich in fast jeder Jukebox finden dürfte: Cat Power covert unter dem verkürzten Titel «New York» John Kanders und Fred Ebbs «Theme From New York, New York», das besonders durch die Interpretationen von Frank Sinatra und Liza Minnelli zu einem Klassiker avancierte. Aus dem üblicherweise schwungvoll und in hochprofessioneller Entertainer-Manier dargebotenen Stück macht die zurückhaltende und für ihre verschüchterten Live-Auftritte bekannte Chan Marshall eine ruhig dahin gleitende und leicht verrauchte Nummer.
Insgesamt besticht der Tonfall des gesamten Albums durch eine dezente aber dennoch sehr intensiv wirkende Instrumentierung, für die zum ersten Mal auch im Studio Chan Marshalls hochkarätig besetzte Live-Band namens Dirty Delta Blue verantwortlich zeichnet. Gastmusiker wie Spooner Oldham, der bereits mit Janis Joplin und Neil Young arbeitete, oder Teenie Hodges, ein Wegbegleiter von Al Green und Co-Autor von dessen Stück «Take Me To The River», stellen eine schöne Verbindung zu der Ära dar, aus der sich Chan Marshall ihre Vorlagen herausgesucht hat, denn ein Großteil der Songs stammt aus den 60er und vor allem 70er Jahren.
So vielfältig die Auswahl der ursprünglichen Interpreten auch sein mag, Chan Marshall gelingt es mit ihrer markanten Stimme und ihrem sehr besonderen Gesangsstil, jedem einzelnen Stück ihre eigene Persönlichkeit einzuhauchen, ohne dabei jemals respektlos zu agieren. Das gilt ebenso für Billie Holidays «Don't Explain» wie für James Browns «Lost Someone» oder das von Chan Marshall federleicht und nahezu heiter interpretierte «Silver Stallion» von Lee Clayton. Eine Sonderrolle gesteht Chan Marshall auf «Jukebox» Bob Dylan zu. Sie präsentiert nicht nur Dylans «I Belive In You» in ihrer eigenen Version, sondern widmet dem Songwriter auch das einzige neue Cat-Power-Original des gesamten Albums. Das trägt den schlichten Titel «Song To Bobby» und fügt sich nahtlos in die restliche Playlist ein.
Stilistisch mutet «Jukebox» zumindest beim ersten Hördurchgang wieder countryesker an als Cat Powers letzte Veröffentlichung «The Greatest». Dass Chan Marshall sich ausgiebig mit den Möglichkeiten des Souls auseinandergesetzt hat, hört man der Platte allerdings ebenso an wie das grundsätzliche Wesen der Künstlerin: Den Hang zum stets ein wenig einsam, zerbrechlich und melancholisch klingenden klassischen Songwriter-Handwerk. «Jukebox» ist eine weitere überzeugende Cat-Power-Platte, auf der sich Chan Marshall als brillante Stimme und hochsensible Interpretin beweist.