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Bud Spencer Bud Spencer: Haudrauf mit Herz

Von JANEK KÖNAU 29.04.2011, 16:45

Halle (Saale)/MZ. - Respekt und Ehrfurcht flößt Carlo Pedersoli noch heute ein. Nach Deutschland hat es den vollbärtigen Riesen verschlagen, um ein Buch vorzustellen, das einfach nur seinen Namen trägt. Nicht den, unter dem er geboren wurde. Der andere ist es, der, unter dem er Filmgeschichte geschrieben hat: Bud Spencer. Mehr braucht es auch nicht.

Lieblingsbier Budweiser und Spencer Tracy stehen Pate für den bekanntesten Leinwandraufbold überhaupt. Da ein Schlag auf die Zwölf, dort eine allen Tischsitten hohnsprechende Fressorgie. Und immer schräge Sprüche. Eine ganze Generation vor allem in den neuen Bundesländern verbindet die gleichen Erinnerungen mit "Mücke", wie er in einem Film hieß. Auch in Ermangelung vieler echter Pferdeopern waren es die Italo-Western mit Bud Spencer, die das Bild des Wilden Westens im Osten Deutschlands prägten.

Kein Wunder also, dass der Autobiografie von Carlo Pedersoli der berüchtigte Künstlername als Titel genügt. Der Mann dazu ist grau geworden, gleicht aber noch immer dem unbezwingbaren Giganten von einst. Nur die Körpersprache des gebürtigen Napolitaners ist eine andere geworden. Bud Spencer geht am Stock.

Das Gesicht des 81-Jährigen ist faltig, der Star bescheiden. Als Idol ganzer Generationen sieht er sich ungern. Dabei könnte er auftrumpfen: Wurden die Abenteuer von Plattfuss Bud früher von der Kritik belächelt, hat der Fan heute die DVD-Sammlerbox im Regal und das Bud-Shirt im Schrank. Eine Rockband nennt sich "Bud Spencer Blues Explosion." Im Internet kursieren Bildschirmschoner mit seinem Bild, darunter steht "Weltkulturerbe". Pedersoli lacht. "Ich bin ein normaler Bürger", widerspricht die Privatperson, der Gatte, Familienvater und Opa seiner Rolle als Star. "Als Schwimmer war ich schon vor meiner Filmkarriere bekannt. Ich wollte mir durch den Film eigentlich nicht meinen Ruf ruinieren."

Pedersoli, der erste Italiener, der die 100-Meter Freistil unter einer Minute schaffte, holte sieben Meistertitel und startete zweimal bei Olympia. Er spricht gern und viel über seine sportlichen Erfolge. Dass auf seinen ersten Italo-Western "Gott vergibt..., Django nie!" 111 weitere Filme folgten, empfindet er bis heute als Überraschung. Eigentlich "wollte ich Chemiker oder Jurist werden. Geworden bin ich wohl am ehesten Schauspieler."

Ein Zufall. Zum Filmstar berufen fühlte er sich nicht, die Karriere fällt ihm in den Schoß. Eine Schauspielschule sieht er im Leben nicht von innen. Nötige Qualifikationen sind dann auch so eine Sache: "Der Agent fragte mich: 'Kannst du reiten? Sprichst du Englisch? Schon mal Bart getragen?'", erinnert er sich. Er habe gesagt: "Nein, nein und nein, ich rasiere mich täglich!"

Damit hatte er die Rolle. Seitdem machen pelzige Wangen und chronischer Spaghettimissbrauch den feinen Unterschied. Der muskulöse Leistungssportler hat eine Metamorphose zum vollschlanken Genießer absolviert. "Unseren Filmen liegt ein einfaches Geheimnis zugrunde", verrät er, "wir haben die Leute zum Lachen gebracht und die Schelle traf immer die Richtigen."

Im Gedächtnis wohnt Bud Spencer deshalb als mürrischer Pragmatiker, ein Haudrauf mit Herz. Pedersoli hat das zu akzeptieren gelernt. Versuche, sich von seinem Alter-Ego Bud zu lösen, gab es wenige. Unverwundbarkeit gegenüber Fausthieben, Tische, die wie selbstverständlich am Körper zerschellen. So etwas schüttelt sich nicht so leicht ab.

Und eigentlich mischt sich das Leben des Normalbürgers Carlo durchaus passend mit dem des Superhelden Spencer. Pedersolis Leben kann als eine einzige Kette erstaunlicher Oho-Effekte erzählt werden. Da waren die Aussteigerjahre in Lateinamerika, wo er beim Bau der Panamericana-Straßen Hand anlegte. Die Zeit als Komponist von Schlagern. Und die Karriere als Besitzer von Fluglinien. Dass er sich selbst als gänzlich frei von Ehrgeiz sieht, unterstützt nur noch das Bild vom ewigen Glückspilz. "Wenn ich etwas gelernt habe", so brummt der Bass, "dann, dass man nie Pläne machen sollte". Dabei hilft "Futteténne", ein Sprichwort aus Neapel, das schlicht "Scheiß drauf" bedeutet. "Wenn die Tragödien des Lebens zuschlagen, hast du keine andere Wahl. Also Futteténne", sagt Pedersoli.

Wenn schon nicht die Hau-Drauf-Mentalität, dann teilen Carlo und Bud doch die innige Leidenschaft fürs Essen. "Ich esse, also bin ich", den Ausspruch hat er geprägt. "Wenn ich nicht esse, sterbe ich, so einfach", schlägt er den Bogen zur Gebrauchsphilosophie. Der Held der Klamotte als Denker, wirklich kultig nur im Doppelpack. Bud ist undenkbar ohne den in Lommatsch bei Dresden aufgewachsenen Terence Hill. "Er kommt noch heute zum Spaghettiessen. Zuhause bekommt er ja scheinbar nichts".

Gemeinsam haben die beiden die Kinowelt erobert, ihr "Vier Fäuste für ein Halleluja" gehört bis heute mit mehr als zwölf Millionen deutschen Zuschauern zu den erfolgreichsten Kinofilmen. Gar nicht zufällig scheinen die Filme des Duos nebenbei auch einen Kampf um den Rekord der meisten Fernsehwiederholungen zu führen. "Ich schaue mir die alten Filme selbst schon gern an", gesteht der Erfinder der Doppelbackpfeife, "anders als meine Familie. Die stöhnt dann schon: ' Nicht schon wieder...!'"