«Böser Wolf»: Nele Neuhaus' neuer Krimi
Berlin/dpa. - Eine Tote wird aus dem Main gezogen. Niemand weiß, wer sie ist, keine Vermisstenanzeige passt auf sie. Aber da das Mädchen schwer misshandelt wurde, bevor es starb, muss die Polizei eingreifen. Nele Neuhaus hat einen neuen Fall für ihr bewährtes Ermittlerteam um Pia Kirchhoff und Oliver von Bodenstein.
Der Fall der mysteriösen Mädchenleiche, bei dem die Ermittler lange Zeit ratlos bleiben, bildet jedoch nur den Auftakt für eine komplexe Geschichte, in der mehrere Handlungsstränge sich kurz berühren und dann wieder auseinanderdriften. Erfahrene Krimileser wissen, dass diese Handlungen irgendwie zusammengehören, aber wie, das bleibt lange Zeit ebenso offen wie die Auflösung der einzelnen Fälle.
Und diese Fälle haben es in sich. Ein verurteilter Kinderschänder gerät in Verdacht, etwas mit dem toten Mädchen zu tun zu haben, verschwindet aber, bevor er verhört werden kann. Auch in einem zweiten Fall gerät er in Verdacht: Eine Fernsehmoderatorin wurde überfallen und seine Spuren wurden am Tatort gefunden. Die Auflösung könnte in den Recherchen zu ihrer neuen Sendung liegen, aber niemand weiß, an welchem hochbrisanten Thema sie gearbeitet hat.
Besonders nahe geht der Fall von Pia Kirchhoffs Klassenkameradin. Diese lebt hochschwanger mit Mann und kleiner Tochter auf dem Anwesen der Schwiegereltern, als die Vierjährige sich auf einmal sehr merkwürdig verhält. Ihrer Mutter erzählt sie, dass sie nichts verraten darf, weil sie sonst der böse Wolf aus dem Märchen holt.
In dieser verworrenen Lage ermittelt das Team Kirchhoff und Bodenstein gewohnt engagiert, auch wenn ausbleibende Ermittlungserfolge ihre Motivation bisweilen untergraben und interne Streitigkeiten mit Kollegen und der Staatsanwaltschaft ihre Arbeit zusätzlich erschweren. Immer wieder wechselt Neuhaus die Erzählperspektive. Mal erfährt man, was die Ermittler wissen, dann wiederum verfolgt man die Erlebnisse einer Psychiaterin, der hochschwangeren Mutter oder der Tochter der Fernsehmoderatorin.
Nele Neuhaus gelingt es in «Böser Wolf», ein komplexes Puzzle zu konstruieren, bei dem die Leser bald zwar mehr wissen als die Ermittler, aber nie wirklich genug, um das Rätsel lösen zu können. Erst bei einem großen Showdown kurz vor Schluss, bei dem die meisten wichtigen Figuren anwesend sind, können die Ermittler die diversen Kriminalfälle aufklären. Ein wahres Happy End präsentiert das Buch jedoch nicht. Der böse Wolf, der diesem Buch den Titel gibt, hat zu viele Gesichter und zu viele Identitäten.
Nele Nauhaus
Böser Wolf
Ullstein Verlag, Berlin
475 Seiten, 19,99 Euro
ISBN 978-3-550-08016-6
