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Berlin Berlin: Viel Prominenz bei Premiere von Horst Schlämmer

Von Manuel Schwarz 17.08.2009, 19:24

Berlin/dpa. - Im Grunde genommen ist es völlig egal, wie der Film geworden ist. Der Erfolg ist Hape Kerkelings neuestem Streich «HorstSchlämmer - Isch kandidiere» wohl schon vor dem Kinostart garantiert. Zu perfekt hatte der Entertainer seine bekannteste Kunstfigur, den «stellvertretenden Chefredakteur» des «Grevenbroicher Tagblatts» Horst Schlämmer, schon vorher als «Kanzlerkandidaten» präsentiert. Die Premiere am Montagabend in Berlin, als Schauspieler, Politiker und sonstige Promis sich dicht an dicht auf dem Roten Teppich am Potsdamer Platz drängten, bot einen Vorgeschmack auf das, was von diesem Donnerstag an wohl auch an den deutschen Kinokassen los seinwird.

Dabei kann der Film die hohen Erwartung nur selten erfüllen: Zusehr wirkt «Isch kandidiere» wie eine Aneinanderreihung vonSchlämmer-Sketchen denn eine in sich runde Story. Zudem steht undfällt der Humor des Films mit dem Protagonisten, dessen Grunzen undRülpsen nicht eineinhalb Stunden lang witzig sind. Auch die Parodienauf Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Gesundheitsministerin Ulla Schmidt(SPD) und CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla, deren Rollen Kerkelingmal eben selbst mimt, wirken am Ende wenig originell. Mehr alsAnstands-Applaus gab es bei der Premiere für den Film nicht.

Dass nicht alle der unzähligen Gastrollen mit der Komik Schlämmersmithalten können, hat wohl auch Bushido - selbst im Film zu sehen -erkannt. «Der Film war in Teilen recht amüsant», sagte der BerlinerRapper nach der Premiere, aber «der ein oder andere Gast war jetztnicht der Hit». Mehrere Grevenbroicher Lokalpolitiker, die GrünenClaudia Roth und Cem Özdemir, Nordrhein-Westfalens MinisterpräsidentJürgen Rüttgers (CDU), die Vorsitzende der Freien Union und frühereCSU-Rebellin Gabriele Pauli - sie alle kreuzen in den rund eineinhalbStunden den Weg Schlämmers, ebenso wie die Ballermann-Barden BernhardBrink und Jürgen Drews sowie die unvermeidliche Kader Loth.

Lustig ist der Film aber vor allem, wenn Schlämmer mit Trenchcoat,Schnappatmung, Herrenhandtäschchen und Doornkaat-Fläschchen nichtProminente oder Möchtegern-Stars, sondern einfache Leute trifft. Wenneine aufgebrachte Grevenbroicherin auf dem heimischem Marktplatzlautstark ein Anti-Korruptions-Gesetz im Bundestag fordert und sichauch von den beschwichtigenden Worten Schlämmers nicht beruhigenlässt. Oder zwei sächsische Touristen in Berlin partout das «a» vonSchlämmers Wahlslogan «Hasenpower!» nicht artikulieren können.

Der «Bundeshase» soll übrigens als Wappentier anstelle des Adlerseingeführt werden, das steht sogar im Wahlprogramm der «HorstSchlämmer Partei» (HSP). Daneben sollen gratis Sonnenbänke für alleeingerichtet, die Verkehrssünderdatei in Flensburg aufgelöst undSchönheitsoperationen von den Krankenkassen bezahlt werden.

Frei nach dem Motto «Wat die andern nich können, dat kann ichauch!» karikiert Schlämmer die Wahlversprechen der arriviertenParteien - und scheint dabei einen Nerv zu treffen, denn sogarPolitiker springen bereitwillig auf seinen Zug auf. «Er bringt denFrust einer Gesellschaft zum Ausdruck, er provoziert», meinte Linke-Politiker Gregor Gysi, der zwar nicht auf der Leinwand, aber dafürbei der Premiere auf dem Roten Teppich zu sehen war.

CDU-Generalsekretär Pofalla - der echte - fand Schlämmers Aussagein Richtung SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier, nicht vierMillionen Arbeitsplätze zu schaffen, «witzig und aufschlussreich».Auch Grünen-Chef Özdemir, der im Film über eine «Fango-Koalition» mitSchlämmers ocker-farbiger HSP nachdenkt, nutzte die Gelegenheit füreinen Seitenhieb: Der Erfolg der Satire Kerkelings sei «nichtwirklich ein Kompliment für die Kollegen der anderen Parteien»,welche «Schlaftabletten» verteilten, anstatt Wahlkampf zu betreiben.

Dass in Sachen Werbung kaum einer dem Komiker, Moderator undBestseller-Autor Kerkeling («Ich bin dann mal weg») etwas vormachenkann, hat er vor dem Kinostart von «Isch kandidiere» gezeigt. Bis aufwenige Ausschnitte wurde vorab vom Film nichts gezeigt, auch nichtder Presse - die Spannung stieg. Konnte man dabei vermuten, dieFilmemacher fürchteten sich vor schlechter Kritik, hieß es offiziell,der Streifen sei noch im Schnitt. Bei einer medienwirksamenPressekonferenz Anfang August meinte Kerkeling, die Szenen ebenjener«Bundespressekonferenz» müssten noch in den Film eingefügt werden,und deshalb könne er nicht vorab gezeigt werden. Am Ende kommt diePressekonferenz im Film nicht vor.