: Bei Lanz ist die Show der Star
Halle (Saale)/MZ. - Wetten, dass..?“ sei ein „abgenagter Knochen“, hat Thomas Gottschalk nach seinem Abschied gesagt; ein Eigentor, wie Markus Lanz am Samstag bewiesen hat. Der Südtiroler war zwar zunächst spürbar angespannt und machte daraus auch keinerlei Hehl, brachte aber viel frischen Wind in die Show. Als ihm mit einem vollem Bierkasten auf dem Rücken dreißig Liegestütze gelangen, hatte er die Sympathien des Publikums endgültig erobert.
Pannen irritieren Südtiroler nicht
Fortan moderierte er buchstäblich hemdsärmelig und ohne Sakko, was sowohl ihm als auch der Sendung gut tat. Auf einmal wirkte die Show wie eine Generalprobe, die Nervosität wich einer fröhlichen Aufgeregtheit. Es gab zwar eine ganze Reihe von Tonstörungen, schon die Eurovisionshymne hatte erst im zweiten Anlauf funktioniert, was den unfertigen Eindruck noch unterstrich, aber Lanz ließ sich nicht mehr aus der Ruhe bringen. Mit seinen hochgekrempelten Ärmeln erinnerte er an einen Bauleiter, der über kleinere Pannen hinwegsieht, weil er weiß: Da entsteht etwas Großes.
„Wetten, dass..?“ 2.0 profitiert von den verschiedenen konzeptionellen Überarbeitungen. Das ZDF hat die zehnmonatige Pause nach Gottschalks Abschiedsvorstellung im Dezember 2011 in Friedrichshafen gut genutzt. Man mag die umjubelten Auftritte der Stars im Verlauf der Sendung vermissen, zumal es auch Lanz kaum gelungen ist, die große Sofarunde miteinander ins Gespräch zu bringen, aber die Kandidaten werden enorm aufgewertet: Sie sind von Beginn an präsent und bilden gemeinsam mit ihren prominenten Wettpaten ein Team, zumal die Schirmherren und -damen mit ihren Tipps auf Erfolg oder Misserfolg jeder einzelnen Wette den Kontostand der Wettanbieter um jeweils tausend Euro erhöhen können. Schauspieler Wotan Wilke Möhring war als Wettpate besonders engagiert und half Lanz, als der mal vergaß, seine Gäste um ihre Tipps zu bitten.
Möhring löste mit seinem Lampenfieber noch am ehesten Lanz’ Hoffnung ein, die Show zu ihren Wurzeln zurückzuführen und einen Kindergeburtstag für die ganze Familie zu veranstalten. Der Rest der Runde wirkte abgeklärt; am nuschelnden Karl Lagerfeld, der auch bei Gottschalks Abschied zugegen war, biss sich Lanz prompt die Zähne aus. Die Ankündigung des ZDF, deutlich kritischere Gespräche zu führen als sein Vorgänger, hat er ohnehin nur halbherzig eingelöst, aber damit war auch bloß bedingt zu rechnen; im Grunde entsprach die lockere Atmosphäre jener Stimmung, wie er sie in seiner Talkshow verbreitet.
Kein Wirbel um Stargäste
Auch dort nimmt sich Lanz nie wichtiger als seine Gäste, und das ist vielleicht der deutlichste Unterschied zum Showkonzept der Gottschalk-Ära: Ganz gleich, wer zu Besuch kam, Superstar am Samstagabend war immer der Moderator; dank Lanz ist nun die Show der Star. Natürlich war es auch Taktik, sich zu Beginn erst mal klein zu machen („Mein Name ist Markus Lanz“) und zu versichern, er habe „das alles nicht so gewollt“ und Gottschalk hätte seinetwegen ruhig bis ins hohe Rentenalter moderieren können. Andererseits ist Lanz ganz sicher kein „Wiener Caféhauskellner“. Als solcher ist er laut Frank Elstner vor einigen Jahren von einem hohen ARD-Funktionär bezeichnet worden, als der „Wetten, dass..?“-Erfinder seinen heutigen Nachfolger für das „Erste“ empfohlen hatte.
Dass aller Anfang schwer werden würde, war ebenso zu erwarten wie die vergleichsweise große Zahl Neugieriger. 13,62 Millionen Zuschauer schauten zu, doch erst der Marktanteil (43,7 Prozent) zeigt die ganze Dimension des Erfolgs. Die Frischzellenkur kam auch beim jungen Publikum (14 bis 49 Jahre) an, da holte Lanz nicht nur mit 39,2 Prozent den Tagessieg, er ließ auch seinen Vorgänger hinter sich: Gottschalk kam zeitgleich als Juror beim „Supertalent“ bloß auf 20,8 Prozent.
