Baumwollspinnerei Leipzig Baumwollspinnerei Leipzig: Künstler empfangen in der Fabrikhalle
Leipzig/MZ. - Die gewaltigen Spinnstühleund kostbaren Garne sind längst Geschichte.Nur eine rote Fahne mit der Aufschrift "Siegerim sozialistischen Wettbewerb" erinnert nochan die Geschichte der Leipziger Baumwollspinnerei,einst eine der größten Europas.
Heute ist das achteinhalb Hektar großeTerrain ein Rückzugsort für den Maler NeoRauch, die Fotografin Ricarda Roggan und mehrals 50 weitere Künstler. Bei einer Werkschauzum 120-jährigen Bestehen des Industriedenkmalszeigen viele von ihnen bislang unveröffentlichteArbeiten. Es ist eine Doppelpremiere: Zumeinen ist die Spinnerei zwar längst zu einerKulturoase geworden, doch noch nie gab eseine Gesamtausstellung für die Öffentlichkeit.
Zum anderen arbeiten seit fast zehn Jahrenzwar die Künstler Tür an Tür, doch viele kanntensich bisher kaum. Erst als Spinnerei-GeschäftsführerBertram Schultze die Mieter für einen Jubiläumskatalogablichten wollte, kam der Austausch in Gang.Damit war die Idee einer Werkschau geboren.Lang vergessene unterirdische Gänge werdenjetzt für kurze Zeit zu einer Galerie umfunktioniert.Drei Viertel des Gezeigten sind Fotos, Zeichnungen,Radierungen, Malereien und Lithografien.
Empfangen werden die Besucher mit einem provozierenden,50 Quadratmeter großen Wandgemälde von HansAichinger, das er eigens für die Werkschauschuf. Peter Bux' Höhlenmalerei soll daranerinnern, wie sich das Genre im Lauf von 50000Jahren verändert hat, Jim Whiting zeigt beweglicheMiniroboter in Form von Insekten.
Ein Gangparcours führt die Besucher dann übereine ansteigende Rampe vorbei zu einer ästhetischenKonfrontation: Der jüngste und der ältesteTeilnehmer der Schau zeigen ihre Bilder nebeneinander.Das "enfant terrible" Johannes Tiepelmann(geboren 1979) malt surrealistische Comicsmit neo-(Rauch)-realistischen Einflüssen,Rudolf Voigt (Jahrgang 1926) setzt auf Gegenständliches.
Zwischen den Exponaten sollen die Besucherimmer wieder den Raum spüren, der gestalterischesElement ist. "Wir wollen ungeschminkte Authentizitätzeigen", sagt Schultze, der sich mehr alsModerator denn als Kurator versteht. Die Werkschauzeigt die Wandlung "from cotton to culture" -von der Baumwolle zur Kultur. In fünf Jahrensoll in einer noch leer stehenden Produktionshalleein Zentrum für zeitgenössische Kunst undKultur entstanden sein: "Ausstellungen, Ateliers,vielleicht ein Schaulager. Wir spielen mitvielen Ideen." Bereits im Frühjahr kommendenJahres zieht die Galerie "Eigen + Art" indie umgebaute Dampfmaschinenhalle.
Leipzig, Spinnereistraße 7: 19. und 20. Juni, 11-22 Uhr