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Bauhaus-Jubiläum Bauhaus-Jubiläum: Schöne Rahmen, prachtvolle Bilder

Von CHRISTIAN EGER 31.03.2009, 17:06
Im Neuen Museum in Weimar betrachtet eine junge Frau in der Ausstellung «Das Bauhaus kommt aus Weimar» das Glasbild «Park» (um 1924) von Josef Albers. (FOTO: DPA)
Im Neuen Museum in Weimar betrachtet eine junge Frau in der Ausstellung «Das Bauhaus kommt aus Weimar» das Glasbild «Park» (um 1924) von Josef Albers. (FOTO: DPA) dpa-Zentralbild

WEIMAR/MZ. - Den Namen für die neue Schule hatte sich der Architekt selbst ausgedacht: In Anlehnung an die Dombauhütten des Spätmittelalters soll die Institution Staatliches Bauhaus Weimar heißen - ein Kollektiv, ein Gedanke, ein Gesamtkunstwerk. Der Titel wird vom Hofmarschallamt bestätigt, das nach der Revolution von 1918 in den letzten Zügen liegt.

Aber was soll das heißen: Gropius "tritt" sein Amt an? Der 36-Jährige springt geradezu von Berlin aus nach Thüringen. "Ich komme mit Ungestüm nach Weimar mit dem festen Vorsatz, aus meiner Sache ein Ganzes zu machen", schreibt er an den Weimarer Generalintendanten Ernst Hardt. "Ich glaube, daß Weimar gerade um seiner Weltbekanntheit willen, der geeignetste Boden ist, um dort den Grundstein einer Republik der Geister zu legen. Schaffen wir doch zunächst eine Idee, die wir mit allen Mitteln in der Öffentlichkeit propagieren." Und: "Verlangen wir das scheinbar Unmögliche, so bin ich überzeugt, daß es gelingt."

Dieser Aufbruch, der nach Folgestationen in Dessau und Berlin im Frühjahr 1933 politisch endgültig in die Grätsche ging, liegt auf den Tag genau 90 Jahre zurück. Und die Stadt Weimar ist einmal mehr kulturtouristisch ganz aus dem Häuschen. Drei Ausstellungen und eine Hausbesichtigung auf nur einen Schlag! Das ist ein Geburtstagskuchenblech im XXL-Format: Wenn Weimar liebt, dann rücksichtslos. Und das bei einem eher beiläufigen Jubiläum, wie es 90 Jahre nun einmal sind. Was erst wird die Museumsstadt zum 100. Geburtstag veranstalten? Vielleicht übernehmen ja dann einmal die Dessauer.

Mehr Bauhaus war nie

Also ist großer Publikumsbahnhof angesagt, der sich am Montagmittag im ehemaligen Bauhaus-Museum ereignet. Während der Pressekonferenz fällt vor allem dieser eine, auf die Geburtstagsschau gemünzte Satz: "Mehr Bauhaus war nie!" Da denkt man sofort an den Bauhaus-Slogan "Weniger ist mehr": Aber in Weimar wird geklotzt. Die Bilanz: 79 Schaustücke von Klee, 56 von Schlemmer, 34 Werke von Lyonel Feininger, 31 von Kandinsky, zusammengetragen aus aller Welt. 1 186 Exponate: die meisten Objekte stammen aus Weimar, wo 1925 bereits 150 Bauhaus-Stücke archiviert worden waren. Gefolgt vom Bauhaus Archiv Berlin, dem Zentrum Paul Klee Bern, auch aus der Stiftung in Dessau sind Stücke zu sehen, die man auch einmal gern vor Ort in Dessau bestaunen würde. Weil Wiedersehen offenbar viel Freude macht, ist ein Großteil der Objekte ab 22. Juli gleich noch einmal in der Berliner Bauhaus-Schau zu sehen.

Es ist eine flächendeckende Messe der Meister von gestern, die in Weimar an vier Standorten entfaltet wird. Eine Materialschau, wie sie noch nie war. Der Mythos als Meterware. Obermotto: "Das Bauhaus kommt". Was heißt: Das Bauhaus war der Stadt einmal abhanden gekommen? In der Tat. Es ist auch eine thüringische kulturpolitische Wiedergutmachung, die hier in eigener Sache gefeiert wird. Bis 2013 soll endlich ein für das Bauhaus entworfenes Museum in Weimar entstehen. Das ausgeräumte Übergangshaus am Theaterplatz dient als Foyer der Jubiläumsschau. Ein wandläufiger Comic, der die Bauhaus-Gründung in Sprechblasen fasst, zwei Monitore, die eine 20-Minuten-Dokumentation zeigen. Schon geht die Reise los.

Das Neue Museum am Gauforum ist das Hauptquartier der Schau. "Auf dem Weg zum Design. Bauhauswerkstätten in Weimar" heißt die Ausstellung, die mit den Vorläufereinrichtungen der Schule beginnt: der "Fürstlichen freyen Zeichenschule" von 1776 (leider zu wenig!) bis hin zu Henry van de Veldes Kunstgewerbeschule (angemessen ausführlich). Werkstatt für Werkstatt geht es über zwei Etagen: Werbung, Typografie, Wandmalerei, Teppiche, Keramik - und so fort und fort. Das alles ist sorgfältigst nebeneinander gelegt, nur keinesfalls unbekannt. Die Masse muss hier Klasse machen: einzelne Schaustücke (Gerhard Marcks' "Altärchen" von 1920, Johannes Bertholds "Kronos" von 1942) oder Rekonstruktionen (Ittens Glas-"Turm des Feuers" von 1920). Schön ausgelegt, schön aufgestellt. Aber, ach, irgendwann beginnt man doch Alfred Hrdlicka zu zitieren: "Quadrat, Quadrat, du wirst mir nie zu fad..."

Das Goethe-Nationalmuseum zeigt "Meisterwerke der Bauhauskünstler in Weimar": Wiederum eine Fülle ohnegleichen. Mit Feiningers prismatischen Thüringen-Bildern geht es los, die mit Bergkristallen aus Goethes Sammlung korrespondieren. Dann Name für Name: Itten, Marcks (großartig die Dornburger Skizzen), Muche, Schreyer, Klee (das 1925er "Maibild" aus New York, seit 20 Jahren das erste Mal ausgeliehen), Muche, die Moholy-Nagys, Kandinsky. Im Obergeschoss: Korrespondenzen zwischen Goethes Farbenlehre und der des Bauhauses, Klees Pflanzenbilder und Herbarien, Doesburgs Farbspiele. Eine Schau, die für ein Jubiläum genügt hätte, wäre man hier ins Detail gegangen. So zitiert man Gropius: "Viele schöne Rahmen, prachtvolle Aufmachung, fertige Bilder." Und weiter geht's.

In die Breite gebügelt

Im Schiller-Haus werden Bühne, Fest und Spiel am frühen Bauhaus abgehandelt. Doch genügt es, eine Buchausgabe von Schillers "Briefen über die ästhetische Erziehung" auszulegen, um etwas über das Bauhaus und Schiller mitzuteilen? Reizvoll Roman Clemens' "Faust"-Bühnenbilder, Julia Feiningers (freilich vor Ort bekannte) und Klees Handpuppen, Kandinskys Mussorgsky-Blätter, Schlemmers "Triadisches Ballett" und Gropius "Totaltheater". Bestens sortiert und etikettiert: Ergreifen tut es nicht.

Warum? Weimar versucht, Klasse durch Masse zu gewinnen, wo Klasse allein durch eine neue inhaltliche Fokussierung zu gewinnen gewesen wäre. Weimar als soziale Tatsache taucht nicht auf: Wer waren die Lehrer, die Studenten, wo und wovon lebten die? Mit welcher Opposition hatte man es ab 1919 zu tun in der Stadt - und innerhalb des Bauhauses? Kein Wort. Warum verschwand das Bauhaus aus Weimar? Die Antwort weiß ganz allein der Wind. Das gefühlt Endlose der Ausstellungen resultiert aus dem Fehlen überraschender Fragestellungen. Eine Schau zu zeigen, statt drei Ausstellungen in die Breite auszubügeln, das wäre es gewesen. Zu welchem Thema? "Bauhaus und Weimarer Klassik". Klees Schiller-Anleihen, Ittens Goethe-Begeisterung - und so fort. Auf Schritt und Tritt fliegen einem aus den Vitrinen Hinweise zu, gebündelt werden diese nirgendwo.