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Bauhaus-Entwürfe Bauhaus-Entwürfe: Bunte Kisten für den Konsum

Von Joachim Göres 15.12.2004, 16:12

Delmenhorst/MZ. - Kiosk - da fallen einem Zigaretten und Zeitungen, Lottoscheine und Süßigkeiten ein. "Wir sind das erste Museum, dass sich mit diesem Thema intensiv auseinander setzt", sagt Gerhard Kaldewei, Museumsleiter in Delmenhorst bei Bremen, wo bis Ende Januar die Schau "KioskKultur. Der Ort. Die Dinge. Die Menschen" zu sehen ist.

Mit der sich ausbreitenden Industrialisierung zog in den Großstädten der Kiosk ein, wo sich Arbeiter nach der Schufterei in Fabrikhallen eine Erfrischung gönnten. In Berlin gab es 1860 rund 20 Trinkhallen nach Entwürfen des Architekten Martin Gropius. Meist sind sie in ihrer Gestaltung den sie umgebenden Häusern angepasst.

An eine Serienfertigung dachte dagegen Herbert Bayer, von 1925 bis 1928 als Lehrer am Dessauer Bauhaus tätig. Sein Kiosk-Entwurf sieht aus wie eine Streichholzschachtel, auf der eine zehn Meter hohe qualmende Zigarette thront, daneben noch größer der Buchstabe P vor rotem Hintergrund.

Kaum weniger hoch ist der Dachaufbau für einen Zeitungskiosk, der die Käufer - durch das in großen, modernen Lettern geschriebene Wort "Journale" anziehen will. Bayers Entwürfe sind Verheißungen, die schon weithin sichtbar sein sollen. Gebaut wurden sie ebenso wenig wie die von den Dessauer Junkers-Werken entwickelten Serientypen aus Stahlblech.

Umgesetzt wurde dagegen 1932 der Kiosk von Ludwig Mies van der Rohe in Dessau - das einzige Bauwerk des Bauhausdirektors in der Bauhausstadt Dessau. Ein zwei Quadratmeter großes Loch in einer weißen Mauer, hinter der sich ein Verkaufsraum verbirgt - so sah der strenge Gegenentwurf zu Bayers Plänen aus. Um 1970 wurde die Trinkhalle an der Kreuzung Ebertallee / Thälmannallee, die zuletzt als Gemüsestand genutzt worden war, abgerissen. Wie auf kleinster Fläche Unmengen von Bierkästen, Kühltruhen, Zeitschriften und allerlei ess- und trinkbaren Lebensmitteln Platz finden, wie diese von Supermärkten und Tankstellen umzingelte Gemischtwaren-Ich AG immer noch Kunden anlockt - auch davon handelt die Delmenhorster Ausstellung.

Kioske sind oft übrig gebliebene Relikte einer anderen Zeit - gelegen an Straßen zu Industrieanlagen, die schon lange leer stehen. Ein Ort der Kommunikation für Menschen, auf die sonst niemand mehr wartet.

Bis zum 30. Januar, Di-Do, Fr, So 10-17 Uhr, Katalog 9,80