Archäologie Archäologie: Adonis von Zschernitz trifft Venus von Zauschwitz
Gröbers/MZ. - Winzig in Statur, aber oho in seiner plastisch durchgeformten Männlichkeit, kreist die kaum handtellergroße Figur aus glitzerndem, sanddurchmischten Ton auf einem Drehteller. Ein Fruchtbarkeitssymbol mag sie gewesen sein - aber der Sinn für die angeschärfte Erotik wirkt wie von heute. Eingeritzt in den Ton spannt sich ein Gitternetz über das Gesäß und betont dessen Wölbungen. Dieser Schmuck verliert sich zur Vorderseite des Leibes, wo sich das Geschlecht in weichen Schwellungen hervorwölbt.
Dem Bau einer Gasleitung ist dieser Fund zu verdanken. Auf 70 Kilometern wurden zwischen Peißen bei Bernburg und Wiederitzsch mehr als 67 000 Altertümer aus dem Boden geholt. Die "Mitgas" hat jetzt als zahlungspflichtige Verursacherin der Notgrabungen die Ehre, den größten Glücksgriff den Besuchern ihres Verwaltungsgebäudes zeigen zu dürfen.
Die sensationsfreudige Zunft der Archäologen war nicht verlegen, die potenzstarke Statuette zum Weltereignis zu erklären. "Eine vergleichbar lebensnahe Darstellung des menschlichen Körpers ist erst Jahrtausende später in den Hochkulturen des Mittelmeerraums wieder nachweisbar", heißt es in der zur Ausstellung erschienenen Broschüre.
Mehr noch, der nackte Steinzeitmann sprengt demnach die These vom reinen "Matronenkult" der Vorzeit, auf den bisher die zahlreichen weiblichen Figuren hinzuweisen schienen. Eine davon, die etwas jüngere "Venus von Zauschwitz" ist dem Adonis als Pendant beigesellt. Doch die nimmt im Gegensatz zu diesem eine starre, frontale Haltung ein. Adonis zeigt sich in bewegter Pose.
Das in Zschernitz entdeckte Puzzle von Bruchstücken von Tonfiguren könnte sich sogar, so glauben die Ausgräber, zu einer Szene mit zwei Figuren, Frau und Mann, zusammenfügen. Leicht zu erraten, worum es dabei ging.
In der Mitgas-Verwaltung Gröbers bis Mai, Mo-Fr 8-16 Uhr; Broschüre 3,90 Euro, Textband zu den Grabungen an der Trasse 12,50 Euro