Annie Lennox Annie Lennox: Zart und hart, melodiös und kantig
Hamburg/dpa. - Es war der Abend der kleinen Gesten und der großen Stimme: Annie Lennox hat zum Europastart ihrer ersten Solo-Tournee keine Wünsche offen gelassen. Mit einer grandiosen Stimme und überzeugenden Arrangements löste sie am Montagabend in der ausverkauften Hamburger Musikhalle Begeisterungsstürme bei den etwa 1500 Zuschauern aus.
Die 48-jährige Sängerin des Pop-Duos Eurythmics traut sich mit dieser Tournee das erste Mal überhaupt allein auf die Bühne. Allein - mit fünf gut aufgelegten Musikern und drei Backgroundsängerinnen immerhin, doch ist das ganze Programm auf sie konzentriert - und auf ihre Stimme, die so vielfältig klingen kann. Mal hart, mal zart, voluminös und melodisch, dann wieder schneidend-scharf.
Angst habe sie gehabt, solo auf die Bühne zu gehen, bekannte die gebürtige Schottin zuvor in einem Zeitungsinterview. Immerhin liegt ihre letzte Platte «Medusa» acht Jahre zurück; das neue Album «Bare», ihr dritter Solo-Longplayer, kommt erst am 9. Juni auf den Markt.
Doch von Nervosität ist ihr kaum etwas anzumerken, im Lichtkegel auf der Bühne. Ihre Bewegungen sind zwar sparsam, ebenso wie die Licht- und Videoeffekte, doch erzielen sie ihre Wirkung. Mit den kurzen, platinblonden Haaren und ihrer etwas kantigen, schmalen Figur versprüht sie immer noch diese gewisse, schwer fassbare Erotik.
Gewohnt sicher singt sie ihre Songs - Eurythmics-Stücke, alte Solo-Hits und neue Lieder - und wechselt dabei gekonnt die Tempi, springt vom Balladenhaften «No More "I Love Yous"» zum poppigen «Walking On Broken Glass» - und löst spontane Begeisterung aus: Die Fans springen von ihren Sitzen und wollen kaum aufhören, zu klatschen.
Die geplante Pause nach 40 Minuten gerät so zum Moment der Ovation. «Ich habe jetzt eine richtige Gänsehaut auf den Armen», sagt Lennox zum Publikum, um gleich darauf dieselbige bei den Zuhörern hervorzuzaubern - mit dem Eurythmics-Song «Here Comes The Rain Again» akustisch präsentiert auf dem Flügel.
Das ist nicht mehr der bekannte Synthesizer-Pop der 80er, sondern etwas neues, filigranes. Akustisch arrangiert haucht sie Klassikern wie «Who's That Girl» neues Leben ein. Doch auch rocken kann die zweifache Mutter wie in jungen Jahren. Zu röhrenden Gitarren und schnellen Beats bringt sie den Eurythmics-Superhit «Sweet Dreams» in völlig neuer Aufmachung ebenso wie «I Need A Man», um dann die tanzenden und klatschenden Fans mit dem stillen Song «Why» von ihrem 1992er Solo-Debütalbum «Diva» nach Hause zu schicken. Doch das geschieht erst nach minutenlangem Applaus.
Weitere Konzerte in Deutschland: Berlin (13.5.), Frankfurt/Main (15.), München (16.) und Köln (27.).
(Internet: Homepage: http://www.annie-lennox.com)