Anneliese Probst Anneliese Probst: Geprägt von Ehrlichkeit, Lebensfreude und Glauben
Halle (Saale)/MZ. - Beim Nachdenken über Anneliese Probst fällt mir vieles ein, was sie aufgeschrieben oder gesagt hat. Auch diese, nur scheinbar nebensächliche, regelmäßig geäußerte Bitte, um einen Cognac, während der Schriftstellertagungen in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts. Anneliese Probst war eine Pfarrersfrau, die, obwohl ständig mehr als aus- und überlastet, immer auch Freude am Leben und Schaffen förmlich ausstrahlte.
Im Schriftstellerverband besaßen ihre Worte Gewicht. Sie organisierte keine spektakulären Widerstandsaktionen gegen Staat und Partei, regte aber viele zum Nachdenken an, half und unterstützte durch ihr Auftreten und die Ehrlichkeit, die man ihr nicht nur vom Gesicht ablesen konnte.
Nach den Veränderungen im Osten Deutschlands gehörte Anneliese Probst zu den Gründern des Förderkreises der Schriftsteller in Halle und wusste nicht selten früher als andere, was zu tun und zu lassen war. An den teilweise hochemotionalen Auseinandersetzungen mit den Kollegen, die für die Staatssicherheit gearbeitet hatten, beteiligte sie sich höchstens mit Aufrufen zum Innehalten, genauen Prüfen und zur Versöhnung.
Nicht nur bei diesen Gelegenheiten lebte und handelte sie aus tiefer christlicher Überzeugung. Bereits der Beginn ihrer literarischen Arbeit beweist, was Anneliese Probst einmal so ausgedrückt hat: "Was ich mir vornehme, das schaffe ich auch." 1946 errang eine Freundin von ihr erste literarische Erfolge, was auch eine höhere Lebensmittelkarte zur Folge hatte. Anneliese Probst wettete mit ihr: "Wenn ich es auch schaffe, bekomme ich von dir einen alten Rock, aus dem ich Jungenhosen nähen kann." Sie schaute sich sowjetische Märchenfilme an, erzählte sie nach, ihr Manuskript druckte der Mitteldeutsche Verlag. Anneliese Probst bekam nicht nur mehr Lebensmittel und einen alten Rock, sondern nahm 1947 als jüngste Autorin am 1. deutschen Schriftstellerkongress teil.
"Ich war fröhlich und unbefangen", schrieb sie darüber, "aber mein Hauptbetätigungsfeld war und blieb meine Familie." Später arbeitete sie als Kinderfilm-Dramaturgin der DEFA, schrieb das Szenarium für "Der Teufel vom Mühlenberg". Über diese Zeit äußerte sie sich so: "Der Ausflug zum Film war interessant gewesen, aber die Arbeit am Schreibtisch sagte mir wesentlich mehr zu." Also schrieb sie als Mutter und Pfarrersfrau "nebenbei". Fast 50 Bücher sind so entstanden, mehr als 1,7 Millionen Exemplare wurden verkauft, viele in andere Sprachen übersetzt. Zu den Büchern, die heute noch gelesen werden, gehören "Das Wunderpferdchen" (1950), "Von Whisky, Wodka und anderen Lieblingen" (1996), "Das lange Gespräch" (1999) und "Katzensommer" (2003). Kam Anneliese Probst zu einer Lesung, mussten regelmäßig zusätzliche Stühle geholt werden.
Am Mittwoch wird sie 85 Jahre alt. "Ich glaube, dass Altsein vor allem für jene zum Problem wird, die nicht gelernt haben, mit sich selbst zu leben", sagte sie. Auch dieser Satz ist mir im Gedächtnis geblieben.
Unser Autor, der Schriftsteller Kurt Wünsch, lebt in Halle.