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Andreas Dresen Andreas Dresen: Schrankwand, fern im Busch

Von Andreas Montag 07.02.2002, 16:20

Halle/MZ. - Dresen, bei den Berliner Filmfestspielen mit"Halbe Treppe" im Wettbewerb vertreten, erhältin diesem Jahr den Andrzej Wajda /Philip MorrisFreedom Prize. Zum Auftakt des dreitägigenFreedom Film Festivals, das im Windschattender Berlinale veranstaltet wird, ist am Freitagum 16.30 Uhr in der Berliner Akademie derKünste Dresens 1989 gedrehter Dokumentarfilm"Jenseits von Klein Wanzleben" zu sehen. Erdauert ganze 41 Minuten und erzählt viel mehrüber den Osten, als viele Polit-Astrologenje erklären könnten. Und dass, obwohl - neinweil der Film überwiegend in Simbabwe spielt,eben jenseits des Bördestädtchens Klein Wanzleben,woher die Protagonisten, Entwicklungshelfermit dem Ticket der FDJ, kommen. Nirgends istdas Bild der Heimat so nah wie in der Fremde,zeigt Dresen: ironisch oft (was schon mitdem Titel beginnt), immer tiefenscharf, unbeirrbargenau und voll entwaffnender Komik.

Wie lebt der winzige ostdeutsche Stoßtruppin Simbabwe? Wie zu Hause. Drei Männer sindmit Frau und Kind aus der DDR-Provinz in denBusch, wie sie sagen, umgezogen. Um das Abenteuerzu suchen, eine Welt jenseits der erdrückendenGeborgenheit. Und sind schließlich mit Bergenhausgemachten Klopapiers, Stapeln knallblauerFDJ-Hemden und Schrankwänden aus Presspappegelandet.

Nein, sagt eine der Frauen, nicht vor demKomfort sind sie geflüchtet, sondern vor demAlltag. Und dann sieht man sie unterrichten:Frau Koch, ich melde, beginnt der Tag. Dannwird zackig der Pioniergruß entboten: FürFrieden und Sozialismus: Seid bereit! Immerbereit, tröten die drei Kindlein kreuzbravzurück. Draußen liegt Afrika. Die Ahnung vomanderen Leben. Und drinnen steht Heimatkundeauf dem Programm, Geschichten von der Sowjetarmee.Ein Déjà-vu, damals schon, für die Liebendaheim. Und heute eine Botschaft aus den innerenBezirken.