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Albert Ebert Albert Ebert: Witwe präsentiert Nachlass im Kunstforum der Sparkasse

Von günter kowa 10.12.2012, 19:03

Halle (Saale)/MZ. - Das ist hallesche Folklore, genauso wie Albert Ebert selbst, und Albert Ebert hat eben diese Folklore in seinen Bildern verklärt. Sie sind wie die kindliche Erinnerung an Vergnügungen, denen Lärm und Kommerz den Zauber noch nicht genommen haben. Sie sprechen das Gemüt an, und so will es auch die jüngste Ausstellung von Eberts Werk.

Der Blick darauf, den das Kunstforum der Saalesparkasse derzeit in Halle Eberts Verehrern öffnet - im Stadtteil, der mit Kröllwitz seine engere Heimat bis zu seinem Tod im Jahr 1976 war - könnte persönlicher, intimer und gemütvoller nicht sein. Es ist seine Witwe Else Ebert, die den Nachlass ausbreitet, darunter den "Akt auf rotem Hocker", der schon an Größe herausragt und der sie selbst zeigt, vor samtrot dunkel schimmerndem Hintergrund in blühend jugendlichem Inkarnat und unschuldig lächelnd. Das Bild ist seit kurzem an die Stiftung verkauft, die es wiederum dem "Ebert Kabinett" der Moritzburg zur Verfügung stellt.

"Mein Mann Albert Ebert", spricht die Witwe im Ausstellungstitel, ging "Seite an Seite" mit ihr durchs Leben. "Die Seele ihrer Wohnung" sind ihr die Bilder, die ihr blieben und die im Lauf von 60 Jahren ein "Teil von ihr selbst" wurden. Zuletzt auch des gepflegten Ambientes im bescheidenen Reihenhaus am Stadtrand, Welten entfernt vom Umfeld, in dem sie entstanden. Via Kopfhörer gibt sie ein paar Erinnerungen preis, spricht von "entbehrungsreichen" Jahren und vom mittellosen Maler, der bis "tief in die Nacht arbeitete", und der nach der Geburt der beiden Kinder der "Vati" war und blieb, auch wenn er "gern zum Skatspielen und zum Billard in die Gaststätte" ging.

Man möchte es fast glauben angesichts vielerlei häuslicher Szenen in aufgeräumten Zimmern und Gästen an der Tür. Und wie er da so sitzt im "Familienbild" mit seiner jungen Frau hinter und den Kindern neben ihm, und der getigerten Katze auf dem Tisch mit Blumenvase, Sinnbild trauter Innigkeit. Doch Eberts Idyllen sind Wunsch- und Traumbilder. Sie sind Ausfluss einer zutiefst menschenfreundlichen Seele, die im Kriegslazarett zum Künstlertum erwacht, wie es Ebert später zu notieren fast wichtiger war als das Malen selbst: "Wenn du nach Hause kommen solltest, lernst zu malen, und zwar all das Schöne und Friedliche, die Blumensträuße, die kleinen Kinder mit den Rosenkränzchen, und alle sollen sich freuen."

So kam es denn auch, schon mit der ersten Ausstellung 1957 in Berlin, und über den Tod hinaus, als Zigtausende in die Retrospektiven strömten. Seine Bewunderer kamen aus den Zirkeln der Kunst und Literatur, auch im Westen, wo der Frankfurter Städel sein "Heizers Geburtstagsständchen" erwarb.

Über die künstlerischen Räume, die Ebert durchschritt, und den Verfall, in den er unaufhaltsam abglitt bis zum Tod im Alter von erst 66 Jahren, ist seine Witwe eine Quelle, neben die man andere stellen muss - Freunde, Kollegen, Literaten. Ein frappierendes Dokument steuert als knapp Mittvierziger auch der Fotograf Christian Lohse bei, der noch 2006, kurz vor der alles tilgenden Sanierung, in Eberts Haus an der Papiermühle geisterhafte Abdrücke der Bilderrahmen auf der vergilbten Blümchentapete entdeckte. In dem modrigen Haus malte Ebert seine Bilder in einem kleinen Zimmer am Ende eines langen Flures.

Der Kunsthistoriker Wolfgang Hütt, Eberts Grabredner, hat jüngst erst für den Privatgebrauch Tagebuchnotizen zu einer literarischen Miniatur über ihn verdichtet, in der seine Beobachtung über dessen Maltechnik den eigentümlichen Schmelz von Eberts Kolorit materiell zu erklären vermag. Auf den Malgrund, meist Holzplatten, rieb er mit dem Handballen ein Gemisch aus Kreide und Graphit, woraus metallische, abgestufte Tönungen entstanden, auf die er die Ölfarben lasierend auftrug: "So bekamen sie ihre unnachahmliche Tiefe, besonders das Rot." Das Haus spiegelte in Armut und Verfall den Weg, den Ebert ging, als er den Pinsel zunehmend gegen den Rotwein eintauschte. Enge Freunde wie der Grafiker Helmut Brade haben das, wie auch Hütt und andere, vielfach erzählt. Schwieriger ist es, Ebert als Künstler beizukommen, als das Phänomen das er war, der mit 38 regelrecht gelobt, das Malen zu lernen. Drei Semester lang tut er es auch, bei Charles Crodel an der Burg, und 1945 nennt er den "Knospenzweig" sein "erstes Bild". Aber nur zu vermuten bleibt, wie in dem schrulligen Original die malerische Kultur sich Bahn bricht, die der "Naivité" seiner Märchen, Paradiese und Feste entgegensteht. Seine "Badende im Wald", eine Grafik mit wunderbaren Grüntönen, wissen von Cezanne, Akte wie die "Fußwäsche" von Renoir, wenn sie nicht, wie im glanzvollen Bild mit dem "roten Hocker", Rubens paraphrasieren, ohne das Fleischlich-Schwelgerische der "Helene Fourment im Pelz". Es muss so gewesen sein, wie Hütt den Maler zitiert, der in seinem winzigen, dämmrigen Malkämmerchen alles findet, was er braucht: "Da hab ich meine ganze Welt. Da brauch ich nicht hinaus zu gehen. Da kommt die Welt zu mir."

Kunstforum: Halle, Bernburger Straße 8, bis 6. Januar. Di, Mi, Fr 14-17, Do 14-19, Sa, So 11-17 Uhr