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200. Geburtstag von George Sand 200. Geburtstag von George Sand: Provokante Autorin und Vamp

Von Silvia Kusidlo 25.06.2004, 07:07
Die französische Schriftstellerin und Journalistin George Sand (bürgerlich: Aurore Dupin, verheiratete Baronin Dudevant) in einer zeitgenössischen Darstellung. 1831 verließ sie ihren Mann und ging mit dem Schriftsteller Sandeau (daher ihr Pseudonym) nach Paris. Sie hatte Beziehungen zu Liszt, Berlioz und Balzac, von 1838-1846 lebte sie mit Chopin. Zu den Werken der Vorkämpferin der Frauen-Emanzipation gehören u.a. "Indiana" und "Ein Winter auf Mallorca". George Sand wurde am in Paris geboren und verstarb am 8. Juni 1876 auf Schloss Nohant (Indre) am 01. Juli wäre sie 200 Jahre alt geworden. (Foto: dpa)
Die französische Schriftstellerin und Journalistin George Sand (bürgerlich: Aurore Dupin, verheiratete Baronin Dudevant) in einer zeitgenössischen Darstellung. 1831 verließ sie ihren Mann und ging mit dem Schriftsteller Sandeau (daher ihr Pseudonym) nach Paris. Sie hatte Beziehungen zu Liszt, Berlioz und Balzac, von 1838-1846 lebte sie mit Chopin. Zu den Werken der Vorkämpferin der Frauen-Emanzipation gehören u.a. "Indiana" und "Ein Winter auf Mallorca". George Sand wurde am in Paris geboren und verstarb am 8. Juni 1876 auf Schloss Nohant (Indre) am 01. Juli wäre sie 200 Jahre alt geworden. (Foto: dpa) dpa

Hamburg/dpa. - Sie gehörte zu den produktivsten, meistgelesenen und umstrittensten Schriftstellerinnen ihrer Zeit: George Sand (1804-1876) schrieb in Rekordzeit Bücher mit brisantem Inhalt undprovozierte die Gesellschaft als Vamp oder Zigarre rauchendesMannweib ebenso wie als aufwieglerische Kommunistin. Für Aufsehensorgte auch ihre langjährige, höchst komplizierte Beziehung zu demKomponisten Frédéric Chopin. Am Donnerstag (1. Juli) wäre diefranzösische Autorin, die Romane, aber auch Reiseberichte und Dramenverfasste, 200 Jahre alt geworden.

Die Ururenkelin August des Starken von Sachsen trug selbst kräftigzu ihrem Image bei: Sie kämpfte für die bürgerlichen Rechte, nahmaktiv an der Revolution von 1848 teil, setzte sich mit den Ideen vonKarl Marx auseinander und legte sich mit Kaiser Napoleon III. an.Doch die Schriftstellerin hatte auch ganz andere Seiten: So war diezweifache Mutter eine schwärmerische Romantikerin, dieSchicksalsschläge erlitt und der Freundschaften über alles gingen.

Sand - geboren als Aurore Dupin - wurde von ihrer Großmuttererzogen, die das Kind zu einer Dame formen wollte. Doch rechnete sie«nicht mit dem Witz und der Dickschädeligkeit ihrer Enkelin», wieArmin Strohmeyr in einer Biografie zum 200. Geburtstag (ReclamVerlag) schreibt, die als Untertitel ein Zitat der Autorin trägt:«Glauben Sie nicht zu sehr an mein satanisches Wesen». Sich selbstcharakterisierte sie einmal so: «Weder die alberne Putzsucht noch derWunsch, allen Männern zu gefallen, beherrschten meinen Sinn.»

Die Autorin scheint in kein Raster zu passen: So wollte sie Nonnein einem Kloster werden, später wurde sie wegen Kritik an der Kircheexkommuniziert. Sie heiratete in jungen Jahren Baron CasimirDudevant, verließ ihn frustriert und ging mit dem SchriftstellerJulien Sandeau - daher ihr Pseudonym - nach Paris. Sie trugMännerkleidung («Man hielt mich für sehr bizarr»), verhielt sich aberPartnern gegenüber wie eine behütende Mutter.

Zu ihren Liebhabern zählten bedeutende Künstler - darunter dieKomponisten Franz Liszt, Hector Berlioz und der Schriftsteller Alfredde Musset - ebenso wie ein Freund ihres Sohnes. Mit dem schwerlungenkranken Chopin reiste sie in den Süden und verarbeitete ihreEindrücke in dem Werk «Ein Winter auf Mallorca». Andere Bücherenthielten mehr sozialen Sprengstoff: Im Roman «Indiana» revoltierteine Frau gegen die Institution der Ehe. In «Lélia» zweifelt dieHeldin an allem, was der bürgerlichen Gesellschaft heilig ist, undzermürbt sich im Streben nach Selbsterkenntnis. Viele Bücher spielenim bäuerlichen Milieu der zentralfranzösischen Landschaft Berry.

Die Leistung Sands liege, so urteilt der «Brockhaus», «in derBegründung eines problematisierenden Frauenromans». Nach frühenLiebes- und Beziehungsromanen seien später soziale Themenstellungenhinzugekommen. «Bis zuletzt spürbar bleibt der autobiografischeHintergrund einer romantisch-subjektiven Schreibweise.»

Obwohl die Autorin die meisten Bücher extrem schnell verfasste,brauchte sie für ihr umfangreichstes Werk - «Geschichte meinesLebens» - sieben Jahre. 20 Bände waren nötig, um ihre Erinnerungen zuPapier zu bringen. Die Erwartungen der sensationslüsternen Leserwurden aber enttäuscht. Strohmeyr: «Keine Schlüssellochgeschichte ausder High Society, keine intimen Memoiren eines männerfressendenVamps, kein Sex, kein Crime.» Sand mag mit ihrem Lebensstil einStachel in der feinen Gesellschaft gewesen sein, ein satanischesWesen aber war sie nicht. Sie starb im Alter von 71 Jahren am 8. Juni1876 im Beisein ihrer Familie auf ihrem Landsitz in Nohant.