Phaeton-Produktion vor Aus Phaeton-Produktion vor Aus: Wie geht es weiter mit der gläsernen Manufaktur in Dresden?

Wolfsburg/Dresden - Die Tage des Luxus-Vehikels Phaetons sind gezählt. Mitten in der Abgas-Krise mit unabsehbaren Folgen hat die Konzernspitze um VW-Chef Matthias Müller die Reißleine gezogen. Statt immer größer, schneller und weiter lautet bei Volkswagen die Parole „Sparen auf Sicht“. Im Aufsichtsrat fällt der Phaeton unter die Kategorie „Enttäuschungen“.
Die Gläserne Manufaktur in Dresden galt lange Zeit als Prestigeprojekt von Volkswagen. 2001 wurde das futuristische Gebäude im Beisein des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD) eröffnet. Der Volkswagen-Konzern investierte rund 187 Millionen Euro in den Bau, der seither auch als Veranstaltungsort für Konzerte und andere Events fungiert.
Für die Kunden der Luxus-Limousine hatte das Werk zudem eine Besonderheit parat: Vor ihren Augen wurde der Wagen aus vorgefertigten Teilen von Hand montiert. In der Praxis konnte das Werk aber nie die optimistischen Pläne erfüllen. Bei voller Auslastung sollte das Montagewerk einmal 800 Mitarbeiter beschäftigen. Zuletzt waren noch knapp 500 Mitarbeiter beschäftigt.
Mit seiner Limousine „Phaeton“ („Der Leuchtende“) wollte Volkswagen im Luxussegment des Automarktes nach den Sternen greifen. Doch der Name stand von Anfang an unter einem schlechten Stern: Denn als Vorbild diente den Wolfsburgern eine unglückliche Gestalt der griechischen Mythologie.
Nach der Überlieferung des Dichters Ovid wurde Phaeton, dem sterblichen Sohn des Sonnenkönigs Helios, von seinem Vater erlaubt, für einen Tag den Sonnenwagen zu steuern. Allerdings verlor er die Gewalt über das Gefährt und stürzte in die Tiefen des Alls. Als er die Erde passierte, entzündete der Wagen die Erde. Zur Strafe schleuderte Göttervater Zeus einen Blitz, so dass die Pferde ins Meer stürzten. Der brennende Phaeton fiel in den Fluss Eridanus, in dessen Wasser die Flammen erloschen.
Abschied auf leisen Sohlen
Der Termin für den letzten Phaeton steht offiziell noch nicht fest - angeblich soll es der 18. März sein. Klarheit gibt es aber zumindest über den letzten Kunden. Der kommt nach Angaben von Manufaktur-Sprecher Carsten Krebs aus China und wird sein Auto nicht persönlich abholen. Ganz anders als die glamouröse Eröffnung 2001 mit dem damaligen Vorstandschef Ferdinand Piëch und Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) soll der Abgesang des Luxuswagens leise über die Bühne gehen. Eine Art Party ist für die Mitarbeiter wohl geplant. Details will das Unternehmen nicht verraten. Zum Feiern ist niemandem zumute.
Denn die Mitarbeiter sind einmal mehr die Verlierer. Gerade einmal rund 100 der knapp 500 Mitarbeiter sollen noch in Dresden bleiben. „Keiner der Kollegen wird seinen Arbeitsplatz verlieren“, heißt es aus der Konzernzentrale. Statt stempeln ist dann pendeln angesagt - zunächst ins 115 Kilometer entfernte VW-Werk Zwickau.
Wie geht es weiter am Standort?
Eine dauerhafte Lösung gibt es für die Männer und Frauen noch nicht. Sie hoffen auf eine Rückkehr, um dann den E-Phaeton montieren zu können. Doch ob der wirklich kommt, ist Zukunftsmusik. Kaum war die Vision im Oktober in den Schlagzeilen, hieß es aus dem Konzern, sie sei schon wieder gestrichen. Oder zumindest auf unbekannt verschoben.
Solange greift ein Übergangskonzept. Die Verbliebenen sollen die Manufaktur zu einer Art Erlebniswelt umfunktionieren, sozusagen eine Art Autostadt im kleinen. Kultur, Konzerte, Lesungen sollen dann in dem Glas-Ambiente stattfinden. Und wenn möglich, wäre auch eine Ausstellungswelt zum Zukunftsthema E-Mobilität wünschenswert. Über die Finanzierung soll nach Angaben aus Konzernkreisen Anfang April entschieden werden.
Neue Produktionsstätte für Bentley und Porsche
Offiziell klingt das so: „Wir stehen in engem Kontakt zu den Kollegen in Dresden. Gemeinsam besprechen wir mit dem Markenvorstand das Übergangskonzept und die endgültige Lösung für die Gläserne Manufaktur“, sagt Betriebsratschef Bernd Osterloh. Spätestens zum Jahresende wolle der Vorstand das neue Konzept präsentieren. „Klar ist: Die Gläserne Manufaktur im Herzen Dresdens ist ein absoluter Besuchermagnet und eine Perle für Volkswagen. Wir werden hier sicherlich auch künftig innovative Produkte fertigen und zeigen.“
Aus Konzernkreisen ist zu vernehmen, dass man nach einem 18-monatigen Umbau in Dresden und bis zum möglichen Start eines E-Phaetons in der Gläsernen Manufaktur auch wieder Autos bauen möchte. Welche genau, sei noch im Fluss. Im vergangenen Dezember hatte VW-Markenchef Herbert Diess den Beschäftigten Top-Modelle der Marken Porsche, Bentley und Audi genannt. (dpa)