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Harzer Hightech-Auge Netco: Unternehmen aus Blankenburg rüstet Polizisten mit Bodycams aus

Von Steffen Höhne 05.09.2017, 10:00
Die Bodycams aus dem Harz haben die Größe eines Smartphones.
Die Bodycams aus dem Harz haben die Größe eines Smartphones. dpa

Blankenburg - 10,2 mal 6,2 mal 2,5 Zentimeter groß, 200 Gramm schwer, wasser- und stoßfest - die Bodycam für Polizisten. Am Dienstag hat Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) den Pilotversuch mit 50 Körperkameras im Land gestartet. Die Hightech-Augen stammen von einem hiesigen Unternehmen: der Netco Professional Services aus Blankenburg (Landkreis Harz).

Das Unternehmen der Familie Hagner startete 1997 mit dem Vertrieb von Computer-Hardware. In den vergangenen Jahren spezialisierte es sich jedoch immer stärker auf Kamera-Anwendungen. So rüstet Netco unter anderem Baustellen mit Überwachungstechnik aus. Viele der 40 Mitarbeiter arbeiten heute in der Software-Entwicklung. Denn entscheidend sind bei den Kameras nicht mehr so sehr die Linsen, sondern die digitalen Daten, die das Gerät steuern.

Aufnahmen mit der Bodycam sind gerichtsfest

Nach Angaben von Netco-Marketingleiter Christoph Pinta wurde die Bodycam zunächst als Auftragsarbeit für den britischen Markt entwickelt. Das äußerlich Besondere an der Kamera ist, dass sie über ein 2,8 Zoll großes Touchscreen-Display verfügt, welches dem Gegenüber sofort signalisiert, dass er aufgenommen wird. Das soll bereits der Prävention dienen.

Gerät ein Polizist in eine unübersichtliche Situation, könne an der Kamera zunächst das sogenannte Pre-Recording aktiviert werden, erklärt Pinta. „Dann werden 120 Sekunden aufgenommen, anschließend aber sofort überspielt.“ Die Kamera wirke dabei wie im ausgeschalteten Zustand. „Die Aufzeichnungsreserve dient dazu, dass auch Filmmaterial in plötzlich entstehenden Gefahrensituationen vorhanden ist“, so Pinta. Soll die Kamera in Konfliktsituationen laufen, muss sie vom Beamten aktiviert werden - sie läuft nicht präventiv mit.

Mehrere Polizisten können eine Bodycam nutzen, jeder Träger muss sich jedoch mit einer eigenen Kennung anmelden. Bei den Aufnahmen werden über das Positionsbestimmungssystem GPS Zeit, Ort und Identität des Polizisten erfasst. Die Kamera könnte die Videoaufnahme über ein mobiles System gleich weiterleiten. In Sachsen-Anhalt wird das Bild- und Audiomaterial allerdings nur über ein eigens entwickeltes Managementsoftware-System an der sogenannten Docking-Station, die auch zum Aufladen der Akkus dient, ausgelesen. „Das aufgenommene Bildmaterial ist verschlüsselt“, so Pinta. Zugang zu den Daten hat nur ein autorisierter Supervisor - wer das ist, legen die Dienststellen fest. Nachträglich könnten die Daten nicht verändert werden. „Damit stellen wir sicher, dass die Aufnahmen gerichtsfest sind“, so Pinta. Sie können also als Beweismittel in Prozessen dienen.

Netcos größter Konkurrent ist Reveal

Die von Netco hergestellten Körperkameras sind mit herkömmlichen, im Handel erhältlichen Bodycams also nur bedingt vergleichbar. Weltweit gibt es knapp zehn Hersteller, die Sicherheitsbehörden mit solcher Kameratechnik ausstatten. Aktuell größter Konkurrent von Netco ist das britische Unternehmen Reveal. Bereits seit 2006 bietet Reveal Komplettlösungen für Bodycams an. In Nordrhein-Westfalen und Berlin nutzen Polizisten bereits Systeme dieses Herstellers. Doch auch Netco führt aktuell Gespräche mit den Polizei-Behörden in mehreren Bundesländern.

Dass sich die Technik auch in Deutschland durchsetzt, daran zweifeln die wenigsten Sicherheitsfachleute. In den USA sind die Geräte schon weit verbreitet. Der ehemalige US-Präsident Barack Obama kündigte 2015 an, örtliche Behörden in den folgenden drei Jahren mit 75 Millionen Dollar zu unterstützen, damit sie 50.000 Körperkameras anschaffen können.

(mz)