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Keine Feier mit Herrn Meyer Keine Feier mit Herrn Meyer: Meyer Werft will nach Luxemburg auswandern

Von Bernhard Honnigfort 21.07.2015, 09:13
Die Meyer-Werft in Papenburg ist vor allem durch spektakuläre Bilder mit riesigen Kreuzfahrtschiffen bekannt.
Die Meyer-Werft in Papenburg ist vor allem durch spektakuläre Bilder mit riesigen Kreuzfahrtschiffen bekannt. dpa Lizenz

Berlin - Die Bilder hat jeder schon einmal in der Tagesschau gesehen: Im Vordergrund grasende Kühe, dahinter ein riesiges Kreuzfahrtschiff, das sich im Schritttempo an Wiesen und Bäumen entlang langsam die Ems hinaufschiebt Richtung Nordsee. „Anthem of the Seas“, heißen die Giganten. Oder „Quantum of the Seeas“, Luxusschiffe, 348 Meter lang, 41 Meter breit, 18 Decks hoch, die danach in der Karibik herumfahren und auch dem verwöhntesten Touristen neben Restaurants, Casinos, Pools und Theatern noch abgefahrenere Überraschungen wie simuliertes Fallschirmspringen bieten können.

Gebaut werden diese luxuriösen Riesen im nordwestlichen Niedersachsen, in Papenburg an der Ems, rund 70 Kilometer von der Mündung in die Nordsee entfernt. Wenn die Meyer Werft, ein 1795 gegründetes Unternehmen im Familienbesitz, es in die Fernsehnachrichten schaffte, dann immer mit spektakulären Bildern von strahlend weißen Stahlgiganten auf der Ems auf dem Schleichweg ins große Meer.

Firmensitz der Meyer Werft soll nach Luxemburg verlegt werden

Doch die Zeiten ändern sich, nun herrscht ausnahmsweise mal Krach. Firmenchef Bernard Meyer, der das Unternehmen in siebter Generation leitet, hat Gewerkschaften und die rot-grüne niedersächsische Landesregierung in Hannover mit Plänen erschreckt, den Firmensitz nach Luxemburg zu verlegen. Nicht, weil er nun auch dort Schiffe bauen lassen will.

Im September 2014 hatte Meyer eine Werft im finnischen Turku übernommen. Eine Werft in Rostock für Flusskreuzfahrtschiffe gehört ebenfalls zum Unternehmen. Nun brauche man neue Strukturen, deshalb habe man eine Gesellschaft in Luxemburg gegründet, teilte das Unternehmen kürzlich mit. Der Grund ist leicht erkennbar: In Luxemburg gilt das deutsche Gesetz nicht, wonach Betriebe mit mehr als 2000 Beschäftigten einen Aufsichtsrat bilden müssen, der zur Hälfte mit Arbeitnehmervertretern besetzt ist. Meyer beschäftigt mittlerweile rund 3300 Mitarbeiter. Von einem Aufsichtsrat hält Firmenchef Meyer aber nicht viel: „Weil die Entscheidungswege länger werden. Wir würden gerne weitermachen wie bisher", so ein Firmensprecher. Der Betriebsrat hatte in den vergangenen Jahren auch nie nach Aufsichtsräten verlangt. Nun ist das anders.

Mehr als 20.000 Arbeitsplätze hängen an der Werft

Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) reagierte entsetzt, als er angeblich mit sechsmonatiger Verspätung von den Plänen erfuhr und lud zu einem Krisengipfel. Nach zweistündiger Beratung willigte die Geschäftsführung der Werft ein, die Verlegung nach Luxemburg für acht Wochen auf Eis zu legen. Die IG Metall ist sauer: Sie will, dass das Unternehmen einen Aufsichtsrat mit Arbeitnehmervertretern einrichtet - nicht in Luxemburg, sondern in Papenburg. „Die Werftleitung hat unser Vertrauen missbraucht“, schimpfte der Vorsitzende der IG Metall Küste, Meinhard Geiken.

Bis September soll eine Lösung gefunden werden. Nach den Sommerferien sollte Schiffbauer Meyer eigentlich vom Landkreis Emsland gefeiert und geehrt werden, doch nach dem Krach hat der Unternehmer erst einmal auf die „Emsland-Medaille“ verzichtet. Es hatte auch eine Menge Kritik gegeben, ob man ihn für die Verlegung des Firmensitzes in einer Steueroase auch noch belohnen sollte.

Es ist ja außerdem auch so, dass Niedersachsen seit Jahren eine Menge unternimmt für die Traditionswerft, von deren Wohl und Wehe insgesamt mehr als 20.000 Arbeitsplätze im Nordwesten hängen. Damit überhaupt Riesenkreuzfahrer die Werft verlassen können, muss die Ems immer wieder auf Kosten der Steuerzahler vertieft werden. Sogar ein Ems-Sperrwerk wurde gebaut, um den Fluss aufzustauen. Bislang wurde in dreistelliger Millionenhöhe geholfen.

Und die Werft im Binnenland floriert. Kürzlich unterzeichnete die Geschäftsführung einen Vertrag über den Bau von sieben weiteren Schiffen, bis 2020 sind die Auftragsbücher voll.