Internet der Dinge Internet der Dinge: Auto Kühlschrank Kleidung - alles kann vernetzt werden

Berlin - Der Kontrast könnte kaum größer sein. Ein idyllisches Weindorf an der Mosel. Und in den Weinbergen von Johannes Haart ist Hightech der neuesten Generation installiert. Sensoren messen Temperatur, Sonnenscheindauer, Bodenfeuchtigkeit und vieles mehr. So kann Winzer Haart per Smartphone jederzeit und überall auf der Welt abrufen, wie es um seine Weinreben steht.
Und das ist wichtig, denn es kommt beim Weinanbau auf das richtige Timing an. Die Trauben dürfen nicht zu spät und nicht zu früh geerntet werden. Was Haart praktiziert, läuft unter dem Schlagwort Internet of Things (IoT). Das Internet der Reben ist ein Anwendungsbeispiel, das der weltgrößte Chiphersteller Intel und der Mobilfunkausrüster Ericsson entwickelt haben.
Telekomkonzerne und mit ihnen die gesamte IT-Branche frohlocken und erwarten mehr oder weniger, dass es jetzt erst richtig los geht mit dem mobilen Funk. Das künftige Internet der Dinge wird auf dem Mobile World Congress (MWC) in Barcelona in diesem Jahr das dominierende Thema. In den vergangenen 20 Jahren haben die Netzbetreiber Menschen miteinander verbunden. Doch schon bald würden mehr Maschinen als Menschen vernetzt, sagt Hannes Ametsreiter, der zum Präsidium des deutschen Hightechverbandes Bitkom gehört.
Im Prinzip lässt sich alles vernetzen: Fahrzeuge, Kleidung und Regale im Supermarkt
Die Experten des US-Marktforscher Gartner gehen davon aus, dass es am Ende dieses Jahres 8,4 Milliarden vernetzte Gegenstände geben wird. Da ist ein Drittel mehr als zu Beginn 2017. Und diese Entwicklung soll sich sprunghaft fortsetzen. Gartner geht davon aus, dass 20 Milliarden Dinge im Jahr 2020 miteinander vernetzt werden. Bis dahin werde die gigantische Summe von fast 3000 Milliarden Dollar weltweit für IoT-Hard- und Software investiert.
Spezialisten von Intel rechnen hoch, dass dann das globale Internet der Dinge über 200 Milliarden Sender und/oder Empfänger verfügt. Der Phantasie sind kaum Grenzen gesetzt. Im Prinzip lässt sich alles mit allem vernetzen. Hausgeräte, Fahrzeuge, Kleidung, Maschinen, Regale in Supermärkten. Es braucht nur einen Minicomputer und einen Sender.
Ingenieure denken über „intelligenten Staub“ nach
Mini ist da sehr wörtlich zu nehmen. Intel hat schon vor gut zwei Jahren einen Rechner mit der Größe eines Hemdknopfes präsentiert. Inzwischen denken die Ingenieure über Dinge nach, die für Laien ins Genre Science-Fiction gehören. Etwa „intelligenten Staub“. Das sind Partikel, die kleiner als ein Sandkorn sind, womöglich in der Luft schweben und Daten über Schadstoffe funken oder in menschliche Körper injiziert werden, um Krankheiten zu diagnostizieren.
Gefunkt wird dann mit einer Technik, die heute 5G genannt wird, was schlicht für die fünfte Generation der mobilen Übertragungstechnik steht. Netzbetreiber wie Telekom, Vodafone oder Telefonica wollen dafür eine Infrastruktur bauen, die viele, viele Milliarden Euro kosten wird und allgegenwärtig sein soll. An den technischen Standards wird noch gebastelt, doch spätestens 2020 soll 5G ausgerollt werden.
Per Smartphone den Kühlschrank checken
Sind heute Übertragungsgeschwindigkeiten beim Smartphone von 100 Megabit pro Sekunde schon viel, sollen in gut fünf Jahren 1000 Megabit eine Selbstverständlichkeit sein. Ein Film in HD-Qualität lässt sich dann in weniger als einer Sekunde herunterladen. Latenzzeiten von einer Millisekunde soll es dann geben, das sind von Menschen längst nicht mehr wahrnehmbare Verzögerungszeiten beim Senden und Empfangen. Doch die sind nötig, um umzusetzen, was so etwas wie die Königsdisziplin von IoT und 5G werden soll – das autonom fahrende Auto. Der Pkw selbst wird Sender, Empfänger und Rechenzentrum.
Was sich derzeit beim Thema Vernetzung tut, ist indes noch recht überschaubar. Eine aktuelle repräsentative Umfrage von Bitkom hat ergeben, dass jeder Dritte immerhin schon einmal sein Smartphone mit dem Auto vernetzt hat. Jeder fünfte hat das Handy elektronisch mit einer Computeruhr gekoppelt und jeder siebte mit Audio-Geräten. Das Smartphone entwickele sich zur „Steuerungszentrale des Internet of Things“, so Ametsreiter. Gut die Hälfte der im Auftrag von Bitkom Befragten kann sich immerhin vorstellen, dass Haushaltsgeräte und Handys Daten austauschen. Vielleicht kann der Nutzer dann per Smartphone abrufen, wie viel Milch noch im Kühlschrank ist, um dann Nachschub zu bestellen. Oder noch einen Schritt weiter: Ein digitaler Assistent übernimmt die Bestellung, wenn er „bemerkt“, dass die Milch auszugehen droht.
Künstliche Intelligenz ist ein zentrales Thema auf dem Mobile World Congress in Barcelona
Dahinter steckt die Idee, dass zur Vernetzung künstliche Intelligenz (KI) kommt, also lernfähige Software, die dem Nutzer viele alltägliche und sich wiederholende Dinge abnehmen wird. KI sei einer der großen nächsten Wachstumsgebiete in der Welt des Mobilfunks, heißt es in einer aktuellen Studie der Marktforscher von IHS Markit. Sie sehen in mobilen digitalen Assistenten neue Lebensbegleiter.
Bei Apple heißt er Siri. Einst als Sprachsteuerinstrument für iPhone gestartet, sammelt Siri Daten des Nutzers. Analysen dieser Informationen könnte Siri dann demnächst nutzen um selbst aktiv zu werden und etwa empfiehlt, dass es mal wieder Zeit für einen Jogginglauf sei oder dass der Kauf neuer Laufschuhe anstehe, da die Sensoren im Schuh Materialermüdung registriert haben.
Die Zukunft der digitalen Helferlein sind ein zentrales Thema in Barcelona. Die Markit-Experten erwarten denn auch, dass der Google Assistent demnächst in das dominierende Handy-Betriebssystem Android integriert und damit millionenfach unter die Leute gebracht wird. Amazon ist mit Alexa auch dabei. Huawei etwa will demnächst Smartphones in den USA anbieten, auf denen der Assistent des weltgrößten Onlinehändlers schon installiert ist.
Die Angriffsfläche für Hacker vervielfacht sich
Die Assistenten von Winzern könnten dann eines Tages die Arbeit im Weinberg steuern, etwa kleine Drohnen ausschwärmen lassen - in der Größe von Singvögeln und mit Schneidewerkzeugen ausgestattet: um die die Weinstöcke vollautomatisch zu beschneiden.
Milliarden von vernetzten Geräten: Das hat auch eine dunkle Seite: Mit der Vernetzung steigt die Angriffsfläche für Hacker um ein Vielfaches. Mindestens genauso intensiv wie die schöne neue IoT-Welt ausgemalt wird, wird deshalb in Barcelona darüber diskutiert, wie Datenschutz und Datensicherheit auf ein ganz neues Niveau gehoben werden müssen. Eine zentrale Rolle spielen dabei die digitalen Assistenten. Sie sind nicht nur hilfreich für den Nutzer, sondern taugen auf als perfekte Überwachungsinstrumente. Andrea Voßhoff jedenfalls, Bundesbeauftragte für den Datenschutz, warnt vor Alexa und Co. Bei intelligenten Sprachassistenten lasse sich nicht ausreichend nachvollziehen, "wie, in welchem Umfang und wo die erfassten Informationen verarbeitet werden", so Voßhoff jüngst in einem Interview.