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In der Technik-Falle In der Technik-Falle: Start der ICE-Schnelltrasse von Pannen geprägt

Von Alexander Schierholz 11.12.2017, 19:50
Der Lokführer bekommt Anweisungen per Mobilfunk - doch das funktioniert nicht immer reibungslos.
Der Lokführer bekommt Anweisungen per Mobilfunk - doch das funktioniert nicht immer reibungslos. dpa

Halle (Saale) - So viel Häme war selten: „Zum Glück betreibt die Bahn keine Fluggesellschaft“, ätzte ein Internet-Nutzer. „Solide Firmen bieten nur ausgereifte Produkte an“, schrieb ein anderer. Die galligen Kommentare galten den Pannen auf der neuen ICE-Schnellfahrstrecke Berlin-München. Am Montagmorgen fiel ein Zug nach München ganz aus, nachdem bereits am Sonntag ein ICE in der Gegenrichtung auf die alte Strecke umgeleitet und mehr als zwei Stunden später in der Hauptstadt angekommen war. Auch andere Züge waren verspätet. Am Freitag war einer der beiden Premierenzüge auf der Rückfahrt nach München in Franken liegen geblieben.

Die Deutsche Bahn räumte am Montag Probleme mit dem neuen Zugsicherungssystem ETCS ein. An der zehn Milliarden Euro teuren Schnellfahrtrasse stehen keine Signale, stattdessen erhalten die Lokführer ihre Anweisungen per Mobilfunk direkt auf einem Bildschirm im Führerstand. Das System gibt es in Deutschland noch auf keiner anderen Strecke.

Bahnsprecher: „Kein serielles Problem“ vorhanden

Ein Bahnsprecher sprach von „einzelnen Störungen“ der Sicherungstechnik. Der MZ sagte er, es handele sich um „kein serielles Problem, weder an den Fahrzeugen noch an der neuen Strecke“. Einzelheiten nannte er nicht. Der Fahrgastverband Pro Bahn vermutet, dass ETCS und das auf allen anderen Strecken installierte herkömmliche Signalsystem nicht zusammenpassen. „Das große Problem ist der Übergang von der neuen zur alten Strecke“, sagte Karl-Peter Naumann von Pro Bahn der MZ, „der muss funktionieren.“

Allerdings: Auch der vor zwei Jahren eröffnete Streckenabschnitt von Halle nach Erfurt ist bereits mit ETCS ausgerüstet. Dort gab es anfangs zwar vereinzelt Probleme mit dem System, aber nicht so massiv wie jetzt. Naumann sagte, für den Umgang mit solchen Störungen gebe es noch keine Alltagsroutine, für die betroffenen Fahrgäste sei das ein Manko. „Ich hoffe, dass sich das schnell einspielt.“ Bei Testfahrten auf der neuen Trasse war das System über Monate erprobt worden.

Naumann forderte, die Bahn müsse für solche Pannen an den Knotenpunkten der Trasse, etwa in Halle oder Leipzig, Reservezüge vorhalten, damit Reisende bei Problemen umsteigen und weiterfahren könnten. „Außerdem müssen die Fahrgäste vernünftig informiert werden. Das war bisher sehr mäßig.“

Über allzu viele Ersatzzüge verfügt der Konzern allerdings gar nicht - viele waren vor Jahren für den schließlich abgeblasenen Börsengang weggespart worden. Verschärft wird die Situation durch den Wintereinbruch am Wochenende: Laut Bahn stehen ein Dutzend ICE „aufgrund von witterungsbedingten Fahrzeugschäden“ in den Werkstätten. Am Montagabend stoppte ein Wildunfall einen Zug. Schon am Sonntag hatte eine mehrstündige Sperrung nach einem Personenunfall bei Ingolstadt für zusätzliche Behinderungen gesorgt. (mz)