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Haus-Sanierung Haus-Sanierung: Dämmung rechnet sich erst nach 51 Jahren

Von Christian Krämer 04.12.2014, 13:50
Das nachträgliche Dämmen von Gebäuden wird ab sofort vom Staat gefördert. Dennoch lohnt sich der Aufwand nur selten.
Das nachträgliche Dämmen von Gebäuden wird ab sofort vom Staat gefördert. Dennoch lohnt sich der Aufwand nur selten. dpa Lizenz

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch ein Klimaschutzprogramm beschlossen. Mit einem Maßnahmen-Katalog soll das Ziel - bis 2020 den CO2-Ausstoß im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent zu reduzieren - doch noch erreicht werden. Teil des Programms sind auch neue Steuervorteile für Hauseigentümer, wenn sie ihre Immobilie dämmen. Doch dieser mit erheblichen Baukosten verbundene Aufwand rechnet sich erst nach Jahrzehnten und birgt dazu noch Gefahren.

Von den 80 Millionen Tonnen Kohlendioxid, die bis 2020 eingespart werden sollen, entfallen fünf Millionen auf die Bereiche Bauen und Wohnen. Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte jüngst: „Oft wird momentan im Winter noch eher der Garten als das Wohnzimmer geheizt.“ Die Anreize der Regierung zur Gebäude-Sanierung umfassen bis 2020 knapp drei Milliarden Euro.

Das Dämmen von Fenstern und Dächern ist ohne Frage sinnvoll, doch das geforderte Isolieren von ganzen Fassaden sei völlig übertrieben, mahnt der Eigentümerverein „Haus und Grund“.

Laut Beispielrechnung würde eine solche Sanierungs-Maßnahme bei einem durchschnittlichen deutschen Einfamilienhaus mit 252 Quadratmetern Fassaden-Fläche rund 20.000 Euro kosten. Addiert man auf der anderen Seite der Gleichung die neuen Steuervorteile und die nur leicht niedrigeren Heizkosten, rentiert sich die Dämmung laut „Haus und Grund“-Expertin Corinna Kodim frühestens nach 51 Jahren. Dabei ist noch zu beachten, dass das als Isolierung verbaute Styropor nur etwa 50 Jahre haltbar ist. „Meistens lohnt sich eine solche Investition nicht“, meint Kodim.

Es droht Strafe

Noch ist die energetische Sanierung großteils freiwillig. Doch die Dämm-Wut nimmt zu: Wenn eine normale Sanierung mehr als zehn Prozent der Hausfläche betrifft, ist die Styropor-Isolierung Pflicht, sonst drohen dem Hausbesitzer bis zu 50.000 Euro Strafe. Unklar ist zudem, wo der ganze Kunststoff in Zukunft entsorgt werden soll. Das verbaute Material birgt dazu noch ein Sicherheitsrisiko: Die Dämmung brennt wie Zunder.

Wie gefährlich das Styropor sein kann, zeigt das Video.

Auf der nächsten Seite haben wir Fragen und Antworten rund um die neuen Regeln für Sanierungsarbeiten zusammengestellt.

Wie hilft das Finanzamt den Bürgern beim Energiesparen?

Wer sich eine neue Heizung, die weniger Gas oder Öl verbraucht, einbaut, soll für eine Einzelbaumaßnahme künftig 10 Prozent seiner Kosten über zehn Jahre vom Fiskus erstattet bekommen. Ein Beispiel: Der neue Heizkessel kostet 5000 Euro. Anrechenbar in der Steuererklärung sind dann 50 Euro pro Jahr, macht nach zehn Jahren 500 Euro, die das Finanzamt direkt von der Steuerschuld abzieht. Saniert ein Haus- oder Wohnungsbesitzer im großen Stil - Heizung, Dämmung, Fenster, Dach - kann er sogar bis zu 25 Prozent der Kosten bei der Steuer zurückbekommen.

Ab dem 1. Mai müssen Angebotsanzeigen für Wohnungen oder Wohnhäuser zusätzliche Angaben zu energetischen Eigenschaften enthalten. Wer für seine Immobilie eine Anzeige in einer Tageszeitung oder im Internet schaltet, muss dort Informationen zur Art des Energieausweises geben und dessen wesentliche Angaben nennen. Mitgeteilt werden muss unter anderem, mit welchem Energieträger, zum Beispiel Öl oder Gas, die Heizung betrieben wird.

Neu ausgestellte Energieausweise ordnen die Immobilie einer Energieeffizienzklasse von A+ bis H zu, ähnlich der Klassifizierung von Elektrogeräten wie Kühlschränken. Auch diese Angabe gehört ab Mai in die Anzeige. Fehlen die vorgeschriebenen Informationen, droht ein Bußgeld.

Bei alten Ausweisen, die noch keine Effizienzklasse enthalten, ist deren Angabe freiwillig. „Für Vermieter ist wichtig, dass sie ihre vorhandenen Energieausweise grundsätzlich bis zum Ablauf ihrer Gültigkeit weiter verwenden können“, teilt der Eigentümerverband Haus und Grund Rhein-Berg mit. Im Falle eines Verkaufs oder einer Neuvermietung ist der Eigentümer aber verpflichtet, rechtzeitig einen neuen Ausweis zu beantragen. Dieser muss Interessenten spätestens bei einem Besichtigungstermin unaufgefordert vorgelegt werden. Im Falle eines Vertragsabschlusses muss dem neuen Besitzer oder Mieter zudem ein Exemplar oder eine Kopie des Energieausweises ausgehändigt werden

Einen einfachen Ausweis können meist die jeweiligen Energieversorger oder Messunternehmen erstellen. Eine Ausnahme gibt es für Häuser mit weniger als fünf Wohnungen, die vor dem 1. November 1977 gebaut wurden. Hier wird ein so genannter Energiebedarfsausweis benötigt. Dessen Ausstellung ist deutlich aufwändiger und auch teurer.

Während der einfache Ausweis den Energieverbrauch der vergangenen drei Jahre dokumentiert, wird für einen Bedarfsausweis ein detailliertes Energieprofil des Gebäudes erstellt. Einen solchen Bedarfsausweis dürfen „baubezogene Berufe“ ausstellen, etwa Ingenieure oder Architekten. Darüber hinaus sind auch Handwerksmeister aus dem Bauhandwerk, Heizungsbau oder Schornsteinfegerwesen sowie registrierte Energieberater zur Ausstellung berechtigt.

Wichtig ist, dass alte Energieausweise weiter ihre Gültigkeit behalten - diese beträgt zehn Jahre nach Ausstellung. Wer als Eigentümer keinen gültigen Energieausweis besitzt oder seiner Pflicht zur Vorlage bei Verkauf oder Neuvermietung nicht nachkommt, dem droht ebenfalls ein Bußgeld. Die Bundesländer können Energieausweise stichprobenartig kontrollieren.

Ab wann gilt das?

Das neue CO2-Gebäudesanierungsprogramm soll von Januar 2015 an für fünf Jahre laufen. Aber: Bevor es in Kraft treten kann, muss sich der Bund mit den Ländern über die Kosten von einer Milliarde Euro pro Jahr einigen, weil die Steuerausfälle beide Seiten betreffen. Darüber soll am 11. Dezember bei einem Bund-Länder-Gipfel im Kanzleramt gesprochen werden. Die Regierung strebt bis spätestens Ende Februar eine Lösung an, die rückwirkend zum 1. Januar 2015 gelten soll. Das ist wichtig, weil viele Verbraucher in den nächsten Wochen Aufträge an Handwerker verschieben könnten, bis sie die Details kennen.

Steht der neue Bonus in Konkurrenz zu Förderprogrammen der staatlichen KfW-Bank?

Nein. Es handelt sich um ein zusätzliches Angebot. Der Bund will damit zum Beispiel Immobilienbesitzer ansprechen, die Kredite und den damit verbundenen Papierkram scheuen. Gerade Ältere zahlen eine neue Heizung oder das Dach lieber aus eigener Tasche. Sie können dann den Bonus von 10 bis 25 Prozent mit der Steuererklärung geltend machen.

Wird die KfW-Förderung aufgestockt?

Ja. Schon die Vorgängerregierung hatte die Mittel für die Gebäudesanierung von 936 Millionen Euro pro Jahr auf 1,8 Milliarden Euro nahezu verdoppelt. Jetzt soll die Förderung noch einmal auf insgesamt 2 Milliarden Euro erhöht werden. Maximal gefördert werden von der Staatsbank KfW 50 000 Euro pro Wohneinheit. Neu ist, dass auch Sanierungen von Gewerbegebäuden oder Pflegeheimen unterstützt werden. Die Laufzeit des Kredits beträgt bis zu 10 Jahre bei einem festgeschriebenen Zinssatz für die Gesamtkreditlaufzeit.

Wer mehr als zehn Prozent der Fläche eines bestimmten Bauteils modernisiert, muss einen festgelegten Energiestandard erreichen. Wird etwa eine Fassade erneuert, muss laut Gesetz bisher ungedämmtes Mauerwerk gedämmt werden. Die Mehrkosten rechneten sich meist, weil der Hausbesitzer das Geld beim Heizen mehr als einspart. Der Handwerksbetrieb muss nach den Sanierungsarbeiten bestätigen, dass die Anforderungen der EnEV für die jeweilige Baumaßnahme eingehalten wurden.

Bei der Fensterauswahl ist der Wärmedurchgangskoeffizient wichtig. Dieser wird auch U-Wert genannt und drückt aus, wie gut Fenster, Scheiben und Wände abgedichtet sind. Der Uw-Wert gibt diese Eigenschaft für Fensterrahmen und Verglasung gemeinsam an. Die aktuell gültige Energieeinsparverordnung (EnEV) schreibt einen Uw-Wert von maximal 1,3 vor. Das bedeutet 1,1 für die Scheiben und 1,4 für den Rahmen.

Die regelmäßige Wartung der Heizungsanlage gehört laut Energieeinsparverordnung (EnEV) zu den Pflichten des Betreibers. Dazu gehört die Reinigung des Heizkessels. Diese hat auch einen direkten Nutzen für den Verbraucher: Er spart Geld. Schon eine Schicht von einem Millimeter kann den Brennstoffverbrauch um fünf Prozent in die Höhe treiben.

Warum will die Regierung im Gegenzug die Absetzbarkeit von Handwerker-Rechnungen kürzen?

Es geht ums Geld. Um die neuen Sanierungsanreize für Hausbesitzer zu finanzieren und die Steuerausfälle aufseiten der Länder zu begrenzen, sollen nur noch Handwerker-Leistungen oberhalb von 300 Euro beim Finanzamt von der Steuerschuld abziehbar sein. Das Handwerk kann damit leben, weil kleine Rechnungen für Reparaturen ohnehin viel Papierkram bedeuten. Auch will die Politik, dass eben mehr in energiesparende Maßnahmen investiert wird und nicht mehr der Einbau einer neuen Badewanne begünstigt ist. Der Mieterbund kritisiert, dass das Millionen Mieter treffen würde, während Hausbesitzer bei der Gebäudesanierung fein raus seien. Auch die CSU mäkelt: Der Plan könnte wie eine heimliche Steuererhöhung bei den Bürgern ankommen.

(mit dpa)

Die verbauten Dämmplatten sind aus Styropor. Das Material ist leicht entflammbar.
Die verbauten Dämmplatten sind aus Styropor. Das Material ist leicht entflammbar.
dpa Lizenz
Ein Wärmebild vom Bundeskanzleramt
Ein Wärmebild vom Bundeskanzleramt
dpa Lizenz