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Gründungsjubiläum Gründungsjubiläum: Der TÜV wird 150 Jahre

Von Thomas Magenheim 04.01.2016, 17:06
Ein Kfz-Sachverständiger vom TÜV überprüft ein Fahrzeug.
Ein Kfz-Sachverständiger vom TÜV überprüft ein Fahrzeug. dpa Lizenz

München - Manche Dinge werden in Feuer und Rauch geboren. Es war nicht das erste Unglück dieser Art, als im Januar 1865 die Mannheimer Brauerei zum „Großen Mayerhof“ durch eine Explosion erschüttert wurde. Ein Dampfkessel war gerissen, ein Toter und mehrere Verletzte zu beklagen. Reihenweise gingen damals Dampfmaschinen in die Luft, weil die Technik noch jung und niemand für technische Sicherheit zuständig war.

Das sollte sich nun ändern. Ein Jahr später – am 6. Januar 1866 – gründeten 22 badische Unternehmer in Mannheim die „Gesellschaft zur Überwachung und Versicherung von Dampfkesseln“ als Keimzelle technischer Überwachungsvereine.

„Erst Sicherheit lässt aus Innovation Fortschritt werden“, sagt Axel Stepken zum historischen Gründungsakt vor 150 Jahren. Er ist Vorstandschef des Münchner TÜV Süd, der Mannheim zu seinem Hoheitsgebiet zählt.

Das Mannheimer Vorbild

Drei große TÜV-Gesellschaften gibt es hier zu Lande mit den Schwestergesellschaften Nord, Rheinland und Bayern heute noch. Letztere ist die größte ihrer Art und dank der 22 Unternehmer aus Baden auch die älteste. Ihr Beispiel machte damals rasch Schule.
Binnen zehn Jahren wurden überall auf dem Gebiet des späteren Deutschland Revisionsvereine nach Mannheimer Vorbild gegründet. Der Erfolg war durchschlagend. Von Sachverständigen kontrollierte Kessel waren zwanzigmal sicherer als ungeprüfte, ruft Stepken in Erinnerung. Erst dadurch habe sich die damals revolutionäre Technik der industriellen Revolution durchsetzen können.

Dampfkessel-Revisionsvereine sind die Vorgänger heutiger TÜV-Gesellschaften. Der erste davon wurde 1866 in Mannheim gegründet.

Es folgten unter anderem München (1870), Frankfurt und Hannover (1873), Stuttgart (1875) und Chemnitz (1878).

Am 13. Oktober 1868 trat als erster hauptamtlicher Sachverständiger der 29-jährige Ingenieur Carl Isambert seinen Dienst an.

Binnen Jahresfrist hatten er und Kollegen die akute Explosionsgefahr von Dampfkesseln eingedämmt. (tmh)

TÜV geht vorran

Die nächste großen Innovationen ließen nicht lange auf sich warten und wieder waren die TÜV-Vorgänger mit von der Partie.
Um die Jahrhundertwende kam zum Dampf elektrischer Strom hinzu und 1906 wurde der Badische Dampfkessel-Revisionsverein mit der Prüfung erster Automobile der damaligen Firma Benz & Co beauftragt. Zwölf Kessel-Ingenieure wurden zu den ersten Kfz-Sachverständigen ausgebildet und die zum Wegbereiter des Automobils, ordnet Stepken diese Entwicklung ein.

Ob Seilbahnen oder Lagertanks, elektrische Aufzüge oder fliegende Bauten am Münchner Oktoberfest, nach und nach nahmen die Prüfer, wo etwas schief gehen und Menschen in Gefahr geraten konnten, viele Arten von Technik unter die Lupe. Die Geburtsstunde von Umweltgutachten datiert der TÜV Süd auf das Jahr 1879, als der bayerische Revisionsverein die Stadt München zu Rauchgasverhütung bei Dampfkesselfeuerung beraten hatte. Eine Mindesthöhe von Schornsteinen war die Folge.

Vorgängermodell Dampfkesselrevisionsvereine

37 Prüfgesellschaften gab es 1938 auf deutschem Reichsgebiet, als unter der Nazi-Diktatur die Gleichschaltung kam und sie zu 14 technischen Überwachungsvereinen zwangsverschmolzen wurden. Das Kürzel TÜV hat sich damals durchgesetzt.

In den 50er Jahren kam die technische Prüfung von Kernkraftwerken, Raffinerien und Kunststofftechnik zum Aufgabenbereich des TÜV dazu, dann das Zertifizierungsgeschäft.

Zwischen 1990 und 1996 wurde der TÜV Bayern durch Übernahmen in Sachsen, Hessen und dem Südwesten Deutschlands zum heutigen TÜV Süd. Fusionen mit den verbliebenen Schwestern TÜV Nord und TÜV Rheinland sind an Führungsansprüchen gescheitert. Statt dessen wurde im Ausland kräftig zugekauft.