Griechischer Finanzminister in Deutschland Griechischer Finanzminister in Deutschland: Varoufakis soll sich in Berlin wohl fühlen

Eigentlich habe Giannis Varoufakis gar nicht erscheinen wollen, sagte Gesine Schwan am Montagabend im Französischen Dom am Gendarmenmarkt. Man habe den griechischen Finanzminister ein bisschen überreden müssen, seine Sicht auf die Schuldenkrise darzulegen. Umso mehr hieß Schwan den Gast willkommen. „Wir sind für ein werteorientiertes Europa“, sagte die Präsidentin der gastgebenden Humboldt-Viadrina Governance Platform zudem. „Wir haben nicht den Eindruck, dass in der Debatte Fairness vorherrscht.“ Spätestens als ein Sänger zur Gitarre ein griechisches Lied intonierte, war klar: Varoufakis sollte sich wohl fühlen.
Der 54-Jährige, für viele in Berlin und Brüssel der böse Bube der europäischen Politik, machte für einen Tag in der Hauptstadt Station. Morgens traf Varoufakis seinen deutschen Kollegen Wolfgang Schäuble (CDU). Dass gestritten wurde, ist nicht bekannt, obwohl die Beziehung der beiden schlecht ist.
Der Grieche hatte stattdessen ein Gespräch in „äußerst freundlicher Art und Weise“ erlebt. Dabei mahnte er, es müsse eine „gemeinsam entwickelte, geplante und vereinbarte Lösung“ für die Krise seines Landes gefunden werden. Es sei die Pflicht gewählter Politiker, ihre Verantwortung wahrzunehmen.
Freundlicher Empfang
Anschließend besuchte der Syriza-Politiker Linksfraktionschef Gregor Gysi und die Parteivorsitzende Katja Kipping und äußerte sich dort ähnlich. Er wollte erkennbar kein weiteres Öl ins Feuer gießen. Auf den Rückhalt der Linken konnte der linke Varoufakis fest zählen. Fraktionsmitarbeiter hatten ein kleines Plakat mitgebracht, auf dem stand: „Solidarität mit Griechenland“.
Dieser freundliche Trend setzte sich bei der Veranstaltung am Abend fort, die neben der Humboldt Viadrina Governance Platform von der Hans-Böckler-Stiftung des Deutschen Gewerkschaftsbundes ausgerichtet wurde.
Varoufakis sagte: „Bitte erlaubt uns Reformen.“ Reformen etwa des Renten- und Steuersystems sowie auf dem Arbeitsmarkt könnten jedoch nicht gelingen, wenn eine Bevölkerung weiter ausgepresst werde. Aus seiner Sicht müssten mehr Steuern eingezogen, aber die Raten gesenkt werden. Das Rentensystem müsse ebenfalls reformiert werden – freilich nicht durch Kürzungen. Deutschland habe „mehr als genug gezahlt – aber aus falschen Gründen“, räumte der griechische Minister schließlich ein. Mit dem Geld sei nicht geholfen worden, 90 Prozent des Geldes an die Banken gegangen.
Wachstum vorantreiben
Er beendete seinen Vortrag mit einem Hinweis auf die „Hoffnungsrede für Deutschland“ des amerikanischen Außenministers James Byrnes im Jahr 1946 nach dem Zweiten Weltkrieg. Eine solche „Rede der Hoffnung“ sei auch heute nötig. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) solle sie halten. Erneut warb der Minister für eine langfristige Lösung der Krise. Die Schulden innerhalb der Geldgeber-Institutionen müssten umgeschichtet und Wirtschaftswachstum erzeugt werden.
Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann erklärte, Europa müsse wegkommen von der Austeritätspolitik. Griechenland habe 25 Prozent weniger Wirtschaftsleistung, 27 Prozent mehr Arbeitslose und 17 Prozent niedrigere Löhne als vor der Krise. So gehe das nicht weiter. Vielmehr müsse man die Wirtschaft in dem Krisenland ankurbeln und für Wachstum sorgen. Ähnlich äußerte sich der grüne Finanzexperte Gerhard Schick. Er plädierte für „mehr Empathie“. Es gehe um Menschen, und vielen von ihnen gehe es schlecht.
Allein der CDU-Bundestagsabgeordnete Klaus-Peter Willsch sah die Sache anders. Die griechische Regierung habe Wahlkampf gegen Deutschland und Europa gemacht und belaste deren Bürger mit den eigenen Schulden. Das finde er nicht in Ordnung. Willsch musste mit Buh-Rufen leben.
