Fragen und Antworten Fragen und Antworten: Warum stabile Preise schlecht für unsere Wirtschaft sind

Berlin - An der Supermarktkasse mussten viele Kunden zuletzt spürbar mehr Geld bezahlen, weil diverse Lebensmittel teurer geworden sind. Insgesamt tut sich in Deutschland aber nicht viel bei den Verbraucherpreisen: Die Inflationsrate war im vergangenen Monat nahezu stabil, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Die Konsumente freut’s, doch Ökonomen betrachten das mit Sorge. Ein Überblick.
Wie stark sind die Lebenshaltungskosten gestiegen?
Die Verbraucherpreise lagen im vergangenen August nur 0,2 Prozent höher als im Vorjahresmonat. Im Vergleich zum Juli waren sie sogar unverändert, wie die Statistiker mitteilten. Diese bestätigten damit ihre vorläufigen Schätzungen.
Warum klettern die Preise so langsam?
Hauptgrund sind die niedrigen Energiepreise. Sie schlagen besonders stark auf die gesamten Lebenshaltungskosten durch. Im vergangenen Monat war Energie insgesamt 7,6 Prozent billiger als ein Jahr zuvor. Leichtes Heizöl verbilligte sich auf Jahressicht sogar um fast 28 Prozent, Superbenzin war sieben Prozent günstiger zu haben, Dieselkraftstoff fast 16 Prozent. „Im Vergleich zu den letzten Monaten hat sich der Rückgang bei den Energiepreisen erneut verstärkt“, betonen die Experten.
Und ein Ende des billigen Sprits ist nicht abzusehen. Ein Fass (159 Liter) US-Öl kostet mittlerweile weniger als 50 Dollar. Am Freitag gab der Preis abermals leicht nach. Grund: Weil die Republikaner im US-Senat das Atomabkommen mit dem ölreichen Iran nicht mehr stoppen können, dürften bald noch größere Mengen des schwarzen Goldes auf den Weltmarkt gepumpt werden.
Gibt es auch Produkte, die deutlich teurer werden?
Ja. Das gilt insbesondere für Nahrungsmittel. Gemüse verteuerte sich unter anderem wegen des trockenen Sommers auf Jahressicht um mehr als neun Prozent, die Preise für Kartoffeln schossen sogar um fast 23 Prozent in die Höhe. Obst war fast sieben Prozent teurer. Deutlich billiger waren Molkereiprodukte (minus 7 Prozent). Es gibt derzeit ein gigantisches Überangebot an Milch. Die Milchpreise sind im Keller, was zahlreiche Bauern um ihre Existenz fürchten lässt.
Ist eine niedrige Inflationsrate nun gut oder schlecht?
Die Verbraucher freuen sich natürlich, wenn sie sich für ihr Geld viel kaufen können. Gesamtwirtschaftlich gibt es aber beträchtliche Risiken. Die Europäische Zentralbank versucht gerade, mit gigantischen Finanzspritzen die Teuerung in der Eurozone wieder in Gang zu bringen. Sie befürchtet, dass das Währungsgebiet in eine Deflation abrutscht – das ist eine gefährliche Abwärtsspirale aus sinkenden Preisen, Konsumzurückhaltung, schwindender Wirtschaftskraft und steigender Arbeitslosigkeit.
Erst in der vergangenen Woche hatte die EZB ihre Inflationsprognose für das Währungsgebiet nach unten korrigiert, sie rechnet für das laufende Jahr nur noch mit einer Preissteigerung von 0,1 Prozent. Die Zentralbank strebt grundsätzlich einen Wert von knapp zwei Prozent an. Davon aber ist die Eurozone derzeit sehr weit entfernt.