1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Wirtschaft
  6. >
  7. Firmen in Sachsen-Anhalt: Firmen in Sachsen-Anhalt: Volle Auftragsbücher am Bau

Firmen in Sachsen-Anhalt Firmen in Sachsen-Anhalt: Volle Auftragsbücher am Bau

Von Christian Schafmeister 29.10.2015, 19:23
Bauarbeiter errichten ein Stahlgeflecht.
Bauarbeiter errichten ein Stahlgeflecht. dpa Lizenz

Halle (Saale) - Das Bauhauptgewerbe in Sachsen-Anhalt hat im kürzlich abgelaufenen Geschäftsjahr beim Umsatz deutlich zugelegt, klagt jedoch über hohe Kosten, fehlende Facharbeiter und schlecht qualifizierte Lehrlinge. Insgesamt erwirtschaftete die Branche fast 2,1 Milliarden Euro - das sind 6,4 Prozent mehr als im Jahr zuvor. „Der Wohnungsbau war dabei mit einem Zuwachs von 28 Prozent das absolute Zugpferd“, sagte am Donnerstag Giso Töpfer, Hauptgeschäftsführer des Baugewerbeverbandes. Weniger günstig verlief die Entwicklung im Wirtschaftsbau und beim öffentlichen Bauen.

Die Gründe für den Boom im Wohnungsbau seien die niedrigen Zinsen, aber auch die erste Reparaturwelle an vielen Häusern, die direkt nach der Wende errichtet worden sind. Zudem hielten die Flucht in Sachwerte und der Zug in die Städte an, sagte Töpfer. So würden am Rande großer Städte wie in Halle neue Wohngebiete entstehen. „Das hat auch uns überrascht“, räumte Töpfer ein. „Viele Menschen fragen sich aber auch, ob die Infrastruktur auf dem Land künftig noch in der jetzigen Form erhalten werden kann.“

Die Zahl der Aufträge im Wohnungsbau stieg um 25,6 Prozent. „Das ist schon eine kräftige Zahl“, betonte Bernd Deidok, Geschäftsführer für Betriebswirtschaft. „Die Aufträge von heute sind ja auch immer die Umsätze von morgen.“ Und so berichteten auch neun von zehn Unternehmen von einer „positiven Nachfrage“.

Die Handwerkskammer Halle bestätigte in ihren Konjunkturbericht für das dritte Quartal die erfreuliche Entwicklung. „Die Handwerkskonjunktur ist unverändert stark“, sagte Präsident Thomas Keindorf, „dabei ist das Bauhandwerk die Konjunkturlokomotive“. Die Auftragslage bei Privatkunden sei derzeit „sehr gut“, teilte die Kammer mit und sprach sogar von einer „anhaltenden Hochkonjunktur“. Deshalb müssten sich Kunden oft auf Wartezeiten einstellen.

Kammer und Verband klagten jedoch über die hohen Kosten, die von den Betrieben geschultert werden müssten. Das gelte für Lohn und Material, aber auch für die neue Maut für Transporter, die seit Oktober gilt und auch zahlreiche Bautransporter trifft. „Umsatz ist daher nicht immer gleich Gewinn“, sagte Hauptgeschäftsführer Töpfer, in dessen Verband 400 Unternehmen organisiert sind und der zugleich als Arbeitgebervertretung in der Branche mit knapp 29 000 Beschäftigten fungiert. Ein weiteres Problem ist der Facharbeitermangel. „Es ist heute schwierig, gutes Personal zu finden.“

Junge Leute mit schlechten Voraussetzungen

Ein Problem, das Thomas Wötzel nur zu gut kennt. Er hat nicht nur ein Bauunternehmen in Löbejün (Saalekreis), sondern ist auch Innungsobermeister der Baugewerke in Halle und dem Saalekreis. „Die Voraussetzungen, die die jungen Leute mitbringen, werden immer schlechter.“ Das betreffe Vorstellungskraft, mathematische Kenntnisse, aber auch die körperliche Belastbarkeit. So sei einigen Lehrlingen nicht klar, ob man sechs oder 60 Kubikmeter Beton für ein Garagenfundament brauche. „Und andere fallen gleich um, wenn sie einen 25 Kilo schweren Sack hochheben sollen.“

Doch manchmal geht es sogar schon darum, überhaupt Lehrlinge zu bekommen. So wären früher in Halle und dem Saalekreis jährlich mehr als 120 Auszubildende zur Gesellenprüfung bei den Maurern angetreten. „Zuletzt waren es nur noch 16 Auszubildende“, sagte Wötzel. Große Hoffnung, unter den Flüchtlingen junge Leute für eine Ausbildung zu gewinnen, haben aber derzeit weder Kammer noch Verband. Grund dafür seien schlicht und einfach die fehlenden Sprachkenntnisse. (mz)